1. Fußball-Bundesliga: Stuttgart beendet Herthas Heimserie
Berlin - Wer wagt, gewinnt. So geht der Spruch. Was aber noch lange nichts zu bedeuten hat. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich die Bundesligapartie Hertha BSC gegen VfB Stuttgart bringen. Denn Hertha-Trainer Jos Luhukay, der gestern die denkbar offensivste Startformation aufgeboten hatte, ging gestern mit seinem Team vor 45 000 Zuschauern im Olympiastadion als Verlierer vom Platz.
Als unglücklicher Verlierer, der nach dem Gegentreffer zu Beginn der zweiten Hälfte noch dominanter agierte als in der ersten, aber trotz aller Bemühungen, sei es leidenschaftlicher, sei es taktischer Natur, nicht mehr zum Ausgleich kam. „Das ist ärgerlich, wirklich schade für die Mannschaft. Die Jungs hätten sich mindestens einen Punkt verdient gehabt. Wir haben fast nichts zugelassen und eigentlich auch nach vorne ein gutes Spiel gemacht“, sagte Manager Michael Preetz.
Ronny macht, was der Coach will
Von der ersten Minute an spielte Hertha BSC Ballbesitzfußball niederländischer Prägung. Das galt für die Abwehrspieler, die immer wieder geschickt mit wohl temperierten Pässen das Spiel eröffneten, das gilt etwas überraschend aber auch für das Mittelfeld, das in dieser Formation ja bisher nur Trainingsspiele absolviert hatte. Hajime Hosogai gab den Rhythmus vor, Last-Minute-Zugang Tolga Cigerci arbeitete ihm auf einer Art Achterposition fleißig zu.
Was zunächst auch für die offensive Dreierkette, bestehend aus Per Cilja Skjelbred (rechter Flügel), Änis Ben-Hatira (linker Flügel) und Ronny, galt. Keine Sperenzchen vom Brasilianer, der für den langzeitverletzten Alexander Baumjohann in der Startelf stand, waren da zu sehen, sondern das, was sich der Trainer von ihm wünscht: Fußball mit hoher sozialer Verantwortung.
So kam über die gewonnene Sicherheit auch allmählich Tempo ins Spiel der Berliner. Die Gäste aus Schwaben, die vor der Länderspielpause unter ihrem neuen Trainer Thomas Schneider ja noch zu einem 6:2 gegen Hoffenheim gestürmt waren, flüchteten sich in Anbetracht dieser spielerischen Klasse der Gastgeber ins Destruktive. Da ein taktisches Foul, um den Fluss zu stören, da ein weiter Schlag, um sich aus brenzliger Situation zu befreien. Das ist nicht schön, führt aber auch im 21. Jahrhundert bisweilen zumindest mittelfristig noch immer zum gewünschten Erfolg.
So wie an diesem Abend, weil die Berliner in der ersten Hälfte zwar mit Elan, aber eben nicht mit dem zielführenden Esprit zu Werke gingen. Wuchtig, aber harmlos war der Schuss von Ben-Hatira in der 18. Minute, als VfB-Keeper Sven Ulreich mit hochgerissenen Fäusten parierte. Wuchtig, aber zu unplatziert war der Versuch von Adrian Ramos (25.).
Wer drängt, aber nichts trifft, muss damit rechnen, dass früher oder später auch der Gegner zu einer Torchance kommt. Gemäß dieser Regel bekam der VfB kurz vor der Pause und kurz nach der Pause die Gelegenheit, die ungerechte Führung zu erzielen. Das eine wie das andere Mal durch den ehemaligen Nationalspieler Christian Gentner, der in der 40. Minute nicht schlecht staunte, wie Hertha-Keeper Thomas Kraft mit einem fantastischen Reflex seinen Kopfstoß noch über die Querlatte lenkte. Der in der 49. Minute aber dann doch noch jubeln durfte, weil er dieses Mal nach einem Eckstoß von Alexandru Maxim noch schärfer geköpft hatte als bei seinem ersten Anlauf.
Ganz schnell sammeln, das war nun die vordringlichste Aufgabe für die Hertha-Profis. Ganz schnell sammeln, um nach dem 0:2 in Wolfsburg vor zwei Wochen nicht in eine Abwärtsspirale zu geraten. Das mit dem Sammeln gelang und doch fehlte am Ende etwas. Das Glück zum Beispiel, als John Anthony Brooks den Ball auf das Tor der Stuttgarter wuchtete, aber Ulreich die Hand noch an den Ball brachte (51.). Aber eben auch die Kaltschnäuzigkeit, wie bei Hosogai, den frei vor Ulreich die Angst vorm Torschuss packte. Oder wie bei Peter Pekarik, der in Nachspielzeit womöglich zu frei vor dem gegnerischen Tor zum Abschluss kam und von den Nerven übermannt wurde.