Akeem Vargas von ALba Berlin zum Playoff-Start: „Wir wollen uns keine dummen Sprüche anhören“

Medientermin bei Alba Berlin vor den Playoffs: In den Vorjahren war das stets eine größere Veranstaltung mit Aufsichtsrat Axel Schweitzer und Manager Marco Baldi. Diesmal geht es beschaulich zu in der Trainingshalle. Seit fast zwei Wochen ist Thomas Päch Chefcoach als Nachfolger des beurlaubten Ahmet Caki. Päch, 34, begrüßt an diesem Nachmittag mit Handschlag. „Eine Verabredung zum Interview mit Akeem Vargas?“, fragt er. „Der ist einer der Zuverlässigeren im Team.“ Der Trainer lacht. Tatsächlich kommt Vargas überpünktlich. Auch er wirkt gelöst. Viertelfinale gegen die Bayern, Playoffstart am Sonnabend in München (20.30 Uhr, Telekom Basketball live): „Das hat Derby-Charakter“, sagt der 27-Jährige, „ich freue mich total drauf.“

Die Stimmung scheint ja gut zu sein in der Mannschaft, oder täuscht das?
Es gehört zur Philosophie unseres Trainers, nicht so viel Druck zu machen wie zum Beispiel Sasa (Sasa Obradovic, Alba-Trainer von 2012 bis 2016, d. Red.). Er vertraut darauf, dass die Spieler eigenverantwortlich handeln. Morgens zum Beispiel kann jeder freiwillig kommen, sozusagen Open Gym: Wer Krafttraining machen will, macht Krafttraining. Wer werfen will, der wirft. Wir haben viele erfahrene Spieler im Team, die wissen, was sie brauchen.

Besteht zum Trainer ein Verhältnis auf Augenhöhe, weil er nicht so viel älter ist als die Spieler im Team?

Er ist mit seinem Fachwissen für mich eine Respektsperson. Da gibt es kein Kumpelverhältnis, das darf es meiner Meinung nach zwischen Spieler und Trainer nicht geben. Trotzdem gehe ich mit Thomas oft einen Kaffee trinken, wir reden dann nicht nur über Basketball, sondern über Gott und die Welt.

Wird in der Mannschaft viel geredet?
Sehr viel, im Spiel, im Training. Wie hast du mich gerade gesehen? Wie war mein Block? Okay, wo muss ich hin, damit du meine Hilfe hast? Für den Trainer ist Kommunikation extrem wichtig. Das steht bei uns sogar in der Kabine auf der Tafel: Wir sind fünf Leute auf dem Feld, die eine Situation gemeinsam lösen müssen. In den letzten beiden Spielen in Frankfurt und gegen Ludwigsburg sind wir auf dem Feld oft zusammengekommen, haben uns ausgetauscht, gab es den einen oder anderen Fingerzeig.

Hat das unter Ahmet Caki gefehlt?
Jeder Trainer hat seine Philosophie.

Welche Philosophie hatte Ahmet Caki denn?
Es war alles darauf angelegt, dass fünf Spieler zur gleichen Zeit das Spiel lesen. So kam es vor, dass zum Beispiel Niels (Giffey, d. Red.) gegen einen Spieler auf eine bestimmte Art verteidigt hat und ich auf eine andere und Ismet (Akpinar) wieder anders. Und das innerhalb kürzester Zeit, weil jeder von uns das Spiel auf eine  andere Weise gelesen hat.

Keine leichten Körbe für die Bayern

Das erklärt, warum die Defensive manchmal orientierungslos aussah.
Jeder Trainer braucht für seine Philosophie die passenden Spieler. Ich kann nur für mich persönlich sprechen. Ich finde, dass es  immer leichter ist, ein bisschen mehr Linie zu haben. Ich finde es ganz wichtig, dass diese Linie in der Kabine aufgeschrieben wird.

Geht es unter Thomas Päch hierarchischer auf dem Parkett zu?
Wir sind schon gleichberechtigt auf dem Spielfeld. Mit einer Idee, zum Beispiel: Wollen wir gegen die Bayern die Zone packen oder wollen wir ihnen den Dreier wegnehmen?

Und, was von beidem ist am Sonnabend die Idee?
Das ist unabhängig von den Bayern. Wir wollen keine leichten Körbe mehr zulassen. Wenn wir Spieler ehrlich zu uns selbst sind, müssen wir zugeben, dass uns genau das passiert ist. Wir hatten Spiele schon im Sack und haben sie  verloren. Wir müssen uns immer wieder klarmachen: Wir sind eine Mannschaft, die immer nach dem Ball springt.  Die zuerst auf den Gegner zugeht, konstant 40 Minuten lang. Die Bayern stehen aggressiv in den Passwegen. Wir müssen den Extraschritt machen, um freizustehen. Wir müssen sie zu schwierigen Würfen zwingen, uns Rebounds erarbeiten. Die Bayern haben ja Brecher unter dem Korb mit Maik Zirbes, Devin Booker, Danilo Barthel und Maxi Kleber. Wenn wir ehrlich  sind: Wir haben  phasenweise nicht nach dem Alba-Motto verteidigt: mit Leib und Seele.

Und jetzt?
Wir sind schon sicherer in der Rotation geworden, bei den Hilfen in der Verteidigung. Und wir haben gegen Frankfurt und Ludwigsburg jeweils das Reboundduell gewonnen. Wir haben einen Plan, Struktur. Das lässt uns aufatmen.

Gibt es ein Minimalziel gegen die Bayern, die ja auf allen Positionen doppelt stark besetzt sind?
Es gibt ein Ziel: Die Serie gewinnen. Am Ende stehen auch bei den Bayern nur fünf Mann auf dem Feld, die es richten müssen, nicht zwölf. Und beide Mannschaften kennen sich gut. Das ist schon kurios.

Wieso?
Wenn man am Abend vorher in der Halle ist, dann sind da sechs meiner Nationalmannschaftskollegen plus ehemalige ausländische Alba-Spieler wie Reggie Redding, Nihad Djedovic, Brice Taylor ...

Ein friedlich freundschaftliches Klassentreffen?
Na ja, bei den Nationalspielern der Bayern müssen wir immer daran denken, dass wir uns im Sommer zur EM wiedersehen. Als Berliner müssen wir uns gut aus der Affäre ziehen. Niels und ich haben schon darüber geredet: Wir wollen uns keine dummen Sprüche anhören.