Alba Berlin: Angriffe auf den Angreifer

Auswechslung: Nihad Djedovic muss runter. Er trabt vom Parkett, vorbei an Albas Trainer Sasa Obradovic. Der hält ihn auf und beginnt einen Vortag, kurz zwar, aber heftig. Dann erst darf sich Djedovic setzen. Eine typische Szene bei den Berliner Basketballern;  Obradovic redet viel mit Djedovic, arbeitet mit ihm, bearbeitet ihn, im Spiel wie im Training. „Das ist manchmal nicht einfach für mich“, sagt der Flügelspieler, „aber es ist gut für meine Karriere. Deshalb bin ich hier.“

Es ist derzeit oft die Rede davon, dass diesem Alba-Team  Erfahrung auf höchstem internationalen Niveau fehle, dass  die Runde der besten 16 Europaligisten auch eine Art Schule sei. Vor der Partie am heutigen Mittwoch gegen das kostspielige Ensemble von Panathinaikos Athen (20 Uhr, Arena am Ostbahnhof) hat Obradovic erst wieder gesagt: „Wir können viel lernen.“ Und er hat klargestellt: „Den Weg finden die Spieler bei sich selbst.“ Was damit gemeint ist, zeigt sich an  Nihad Djedovic.

Gerade mal 22 Jahre ist der 1,96 Meter große Bosnier alt. Bereits mit 16 spielte er als Profi. Der große FC Barcelona sicherte sich die Dienste des Talents, lieh es allerdings oft aus: an einen spanischen Zweitligisten namens CB Cornellà, dann an Topklubs  wie Virtus Rom oder Galatasaray Istanbul. So wechselhaft wie seine bisherige Laufbahn, so schwankend sind nun Dejdovics Leistungen.

Kein einziger Punkt gegen Istanbul

Am vergangenen Freitag zum Beispiel gelang ihm bei Efes Istanbul (62:71) in 16:09 Minuten kein einziger Punkt.  Nicht einen  Rebound konnte er sich angeln. Dafür verlor er vier Mal den Ball. „Vom ersten Moment an lief es nicht“, sagt er. „Es gibt eben solche Spiele.“ Es gibt aber auch Spiele wie das daheim gegen Maccabi Tel Aviv, als er 17 Punkte erzielte, 7 Rebounds holte und zwei Bälle eroberte. Spiele, durch die Djedovic seine Mannschaft trägt und die  Obradovic darin bestärken, sich besonders intensiv um ihn zu kümmern. Der Coach sagt: „Nihad wird lernen.“

Das ist ein großes Versprechen, denn schon jetzt wirkt Djedovic für sein Alter sehr abgeklärt. Etwa wenn er einen Kontrahenten im Duell Mann gegen Mann  ausdribbelt, zum Korb zieht, sich um die eigene Achse dreht und niemand  weiß, wo gerade der Ball ist. „Ich bin immer in der Attacke“, sagt Djedovic.  Albas Sportdirektor Mithat Demirel meint: „Er hat basketballerischen Instinkt. Er hat eine gute Grundausbildung. Und er ist vielseitig.“  Davon leben auch Albas Auftritte.  „Es kommt jetzt darauf an, dass er auf so einem hohen Niveau spielt, ohne zu überdrehen“, sagt Demirel. Es geht um Basisarbeit: hart verteidigen, zuverlässig Rebounds sammeln, den besser postierten Mann finden.

Dieser Lehrauftrag passt zu Obradovic und dessen Verständnis von Basketball. Der Trainer gibt Djedovic Freiheiten, ordnet ihn jedoch zugleich in sein System ein. „Die Details sind ihm wichtig“, sagt Djedovic. Das ist neu, aber angenehm für ihn: „Bei meinen Stationen vorher lief es meistens so: Wenn du viele Körbe machst, spielst du.“ Obradovic mag Djedovic manchmal hart attackieren und mit seiner fordernden Art an die Grenzen bringen, doch er schenkt ihm stets das Vertrauen.  Rund 23 Minuten spielt Djedovic durchschnittlich pro Partie. „Das ist das erste Mal, dass er in einem Verein durchspielen kann. Ich denke, das wird ihm helfen“, sagt Demirel.

Beide Seiten profitieren, deshalb wollen sie zusammenbleiben. „Ich habe in meinem Vertrag eine Option auf eine zweite Saison. Ich würde gern ein Jahr länger bleiben.“ Djedovic sagt das auf Deutsch. Von 1990 bis 1997, als Krieg war in Bosnien, lebten er und seine Familie in München. Wort für Wort kommt jetzt die Sprache zurück. Es gibt Dinge für Djedovic in Berlin, die gehen ganz einfach, fast wie von selbst.