Alba Berlin : Robert Lowery hat alle Anlagen zum Publikumsliebling

Als wäre es den Baskets Würzburg nicht schon schlecht genug gegangen, bekamen sie es nach knapp fünf Minuten der Partie bei Alba Berlin auch noch mit Robert Lowery zu tun. Die eigentlich als munterstes Team der Liga berüchtigten Gäste waren seltsam verschlafen ins Spiel gegangen. Sie kamen bei allem, was sie taten, einen Tick zu spät, was ihren Coach Doug Spradley ein wenig verwunderte. „Sie waren mir während der Woche im Training fast zu aggressiv“, sagte er, „und dann kommen wir raus und machen genau das Gegenteil.“ Im Handumdrehen lag Würzburg in diesem Pokal-Viertelfinale zweistellig zurück – und dann kam auch noch Lowery.

Schnellster Spieler der Liga

„Er wird uns viel helfen“, war Alba-Coach Sasa Obradovic nach dem 102:73-Sieg sicher, „er ist einer der schnellsten Spieler der Liga.“ Das gedachte der Zugang, der erst mal einen Vertrag bis Ende Februar hat, aber gern länger bleiben würde, auch gleich unter Beweis zu stellen. Wie ein stark behaarter Brummkreisel wuselte der rastazöpfige Point Guard durch die Würzburger Reihen, die Spieler hatten Mühe, ihn im Auge zu behalten, geschweige denn zu folgen. Allerdings schien auch Lowery nicht immer genau zu wissen, was er vorhatte, und die Kollegen waren ebenfalls oft aufs Raten angewiesen. Schließlich hatte der 28-Jährige erst zwei Mal mit dem Team trainiert. Da er Albas Spielsysteme noch nicht verinnerlicht hatte, war er aufs Improvisieren angewiesen, was ihm aber bestens in den Kram zu passen schien.

Obradovic ließ ihn trotzdem fast zwanzig Minuten spielen, und man sah, wie wertvoll Lowery für das Team sein kann. Wenn er reinkommt, stellt er die gegnerische Defensive mit seinem Tempo, seinen Crossover-Dribblings und seiner Betriebsamkeit plötzlich vor ganz andere Probleme. Meistens bringt er den Ball auch irgendwie zum eigenen Mann, wie sechs Assists am Ende zeigten. Nur mit dem Werfen haperte es noch. Seine Quote von 1:9 sorgte dafür, dass Albas hervorragender Field-Goal-Wert von 61?Prozent nicht noch eindrucksvoller ausfiel. Über diese Treffsicherheit staunte nicht nur Würzburgs Team, sondern auch Obradovic. „Vor einer Woche in Braunschweig noch 43?Punkte, jetzt 102?…“, sagte der Coach und schüttelte den Kopf.

Getätscheltes Haupthaar

Für die Dominanz des Alba-Teams, das nun beim Pokal-Finalturnier in München (21./22. Februar) antreten darf, waren eher die etablierten Kräfte wie Elmedin Kikanovic (16?Punkte), Dragan Milosavljevic (15) oder Ismet Akpinar (15) verantwortlich. Für die Show sorgte Robert Lowery, den das Publikum sofort ins Herz schloss. Als er zwei Dreier in Serie verworfen hatte, der Ball erneut zu ihm kam und er zögerte, nötigte ihn die ganze Halle zu einem weiteren Versuch. Er warf – und traf, die 6?132 Menschen tobten, die Kollegen tätschelten dem neuen Mitstreiter das üppige Haupthaar.

Lowery, der als „Jamaican Rob“ eine kleine Streetball-Legende in den USA war und über den es sogar eine Dokumentation auf YouTube gibt, hat das Zeug zum Publikumsliebling und alle Anlagen zur Diva. An Selbstbewusstsein fehlt es gewiss nicht, ein bisschen kommandierte er sein Team schon herum. Auf den ersten Blick scheint er kaum zu passen ins nüchterne Alba-Team, und eins ist sicher: Seine Angewohnheit, sich während des gegnerischen Angriffs erst mal die Dreadlocks zurechtzubinden, wird den reizbaren Sasa Obradovic des Öfteren zur Weißglut treiben.