Alba gegen FC Bayern München: Kampf der Systeme in den Play-offs
Unzählige Male wurde in den vergangenen Monaten über die berühmte neue Identität Alba Berlins gesprochen. Es ging um das Alter der jüngsten Alba-Mannschaft aller Zeiten, es ging um die Verantwortung, die selbst 18- bis 20-jährige Akteure regelmäßig übernehmen, und es ging um die Vereinbarung von Erfolg und der Entwicklung junger Spieler. Ab Sonntag (15 Uhr) starten genau diese jungen Alba-Akteure in München in das Finale der Bundesliga. Im Kampf um die deutsche Meisterschaft warten dort die Basketballer vom FC Bayern.
Dass die Jugendlichkeit Albas hierbei erneut im Mittelpunkt steht, hängt damit zusammen, dass es im Finale zum Aufeinandertreffen zweier Klubphilosophien kommt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. So warten auf die Berliner deutlich erfahrenere und vor allem international gestandene Münchener. Um zu erfassen, was Albas Sportdirektor Himar Ojeda zwei „unterschiedliche Stile und Konzepte“ nennt, reicht ein Blick auf die sommerlichen Verpflichtungen neuer Spieler und deren Werdegänge.
Erfahrung aus der NBA
Die Münchner verstärkten sich mit großen Namen. Da stieß etwa der deutsche Nationalcenter Maik Zirbes zum Team. Der US-Amerikaner Jared Cunningham kam, der in der nordamerikanischen Profiliga NBA lange aktiv war, unter anderem für die Dallas Mavericks, die Atlanta Hawks und zuletzt die Milwaukee Bucks. Oder die beiden serbischen Routiniers Stefan Jovic und Milan Macvan – allesamt international erfahrenen und etablierte Akteure.
Die Berliner hingegen wählten, auch durch geringere finanzielle Mittel bedingt, einen anderen Weg. Da wäre etwa Spencer Butterfield, der aus Nanterre nach Berlin wechselte und sich hier einen Namen als Edelwerfer machte. Genauso Joshiko Saibou, der zwar schon 28 Jahre alt ist, bei Alba in dieser Saison jedoch erstmals für einen Top-Verein auflauft. Die Liste ließe sich problemlos weiterführen.
Besonders auffällig ist der Gegensatz von Berliner Jugendlichkeit und Münchener Erfahrenheit auf den großen Positionen. Für Alba schlagen sich mit dem 24 Jahre alten Bogdan Radosavljevic und dem erst seine zweite Profisaison spielenden Dennis Clifford zwei lange Leute in der Zone herum, die man getrost der Kategorie der entwicklungsfähigen Spieler zuordnen kann. Ganz anders ihre beiden gegenüber: Sowohl bereits erwähnter Maik Zirbes als auch Devon Booker besaßen den Status als europäische Top-Spieler bereits, bevor sie nach München wechselten.
So wird das Duell unter den Körben ein entscheidendes in der Best-of-five-Finalserie werden. Besonders Booker ist einer von Bayerns Besten. „Er ist der Schlüsselspieler“, sagte Albas Marius Grigonis und führt aus: „Er kann passen, er kann aus der Mitteldistanz werfen und kreieren.“ Eine Einschätzung, die auch Bookers Gegenpart Radosavljevic teilt: „Er ist ein richtig guter Spieler. Das wird ein interessantes Match-Up.“
Jeder Spieler hat sich verbessert
Dass die Berliner um die Qualität ihrer Münchener Widersacher wissen, wird deutlich, egal mit wem man sich bei Alba dieser Tage unterhält. Genauso klar wird jedoch auch, dass Alba sich in seinem ersten Meisterschaftsfinale seit 2014 beileibe nicht chancenlos sieht. Wieso auch? Die Berliner spielen ihren besten Basketball seit Jahren. Der Spagat zwischen Spielerentwicklung und Erfolgszwang gelingt perfekt.
Ausnahmslos jeder Alba-Akteur hat sich im Laufe der Saison erkennbar verbessert. Egal ob der 20 Jahre alte Ersatz-Point-Guard Stefan Peno, der sich mit dem routinierten Braydon Hobbs messen wird, der erst 24-jährige Marius Grigonis, der es mit dem NBA-erprobten Jared Cunningham und dem 33-jährigen Anton Gavel zu tun bekommt oder Tim Schneider – ihre Entwicklung beeindruckt. „Wir haben bewiesen, dass unser Konzept aufgeht“, fasst Himar Ojeda zusammen. Sowieso zeigt sich der Spanier schon jetzt zufrieden mit der laufenden Saison. Man könne sie alleine schon deshalb als Erfolg verbuchen, weil es gelungen ist Spielerentwicklung und gute Ergebnisse zu kombinieren, sagt er. „Der Titel wäre ein Bonus.“
Ein realistischer Bonus wohlgemerkt. Zwar sind die Bayern leichter Favorit, eine Überraschung wäre ein Meistertitel Albas jedoch keinesfalls. „Wenn wir so spielen, wie wir es können, haben wir eine gute Chance“, weiß Luke Sikma, und auch Marius Grigonis ist der Ansicht: „Wir müssen einfach unser Spiel spielen.“
„Das ist krass geworden“
Tatsächlich dürften die Berliner die Bayern mit ihrem unverkennbaren Tempobasketball vor Probleme stellen. So schlägt Alba aus seinem jungen Kader maximal Profit und spielt ebenso schnell wie intensiv. Die Münchener hingegen werden darauf bedacht sein, die Finalserie mit einem eher langsamen Spielstil für sich zu entscheiden und Albas offensiven Rhythmus zu stören. Ob dies gelingt, wird sich ab Sonntag zeigen. Genauso wird sich dann herausstellen, ob Albas junge Wilde auch gegen die erfahrenen Münchener zurechtkommen.
Eine andere Sache steht hingegen schon jetzt fest: Der Kampf um die Meisterschaft wird intensiv und von Emotionen geprägt. Nicht erst seit dem jüngsten Aufeinandertreffen, bei welchem es zu Schlägen und Prügeleien im Anfangsstadium kam, birgt das Duell Alba gegen Bayern eine besondere Brisanz. „Das ist mittlerweile richtig krass geworden“, sagt etwa Bogdan Radosavljevic: „Das werden richtig gute und intensive Spiele, bei denen beide Mannschaft bis aufs Letzte kämpfen werden.“ Eine von wenigen gemeinsamen Charakteristika zwischen Alba und den Bayern.