Ausgerechnet Georg Hackl bricht in die deutsche Rodel-Phalanx in Oberhof ein

Felix Loch rast am Podest vorbei, Max Langenhan springt in Oberhof in die Bresche. Doch ausgerechnet Österreich verdirbt ein perfektes deutsches Wochenende.

Anna Berreiter jubelte bei den Damen über ihren Rodel-Weltmeistertitel.
Anna Berreiter jubelte bei den Damen über ihren Rodel-Weltmeistertitel.Christian Heilwagen/Imago

Geschlagen vom Lokalmatador und seinem einstigen Mentor Georg Hackl trottete ein enttäuschter Felix Loch aus dem Zielbereich, die Jubelarien und Sprechchöre der heimischen Fans für Max Langenhan bekam der Rodel-Rekordweltmeister schon nicht mehr mit. Mit zwei nicht ganz sauberen Läufen war Loch im Einsitzer überraschend am Podest vorbeigerast, die Schlagzeilen in Oberhof gehörten plötzlich anderen – allen voran Silber-Gewinner Langenhan und dem neuen Weltmeister Jonas Müller aus Österreich, der ausgerechnet von „Überläufer“ Hackl betreut wird.

„Das tut sehr gut, wenn die persönliche Arbeit mit Erfolg gesegnet wird“, sagte Hackl nach dem ersten großen Erfolg, seit er im vergangenen Jahr in die Alpenrepublik gewechselt war. Mit David Gleirscher auf Platz drei fuhr noch ein weiterer Hackl-Schützling auf das Podest, Langenhan hielt die Stimmung im Thüringer Wald an einem ansonsten berauschenden Wochenende bei der Heim-WM aufrecht.

Für Max Langenhan fühlt sich Silber wie Gold an

„Ich bin Vizeweltmeister, Silber ist heute Gold wert, ich bin glücklich. Ich bin einfach nur dankbar für alle Fans, die mich heute angefeuert haben“, sagte Langenhan, der aus Thüringen stammt und wegen einer gebrochenen Hand große Teile der Saison verpasst hatte: „Nach so einer Horror-Saison ist das eine kleine Belohnung.“

Doch „nur“ Silber passte an diesem frostigen Wochenende im verschneiten Oberhof irgendwie überhaupt nicht ins Bild. Denn mit großer Dominanz hatte das deutsche Team zuvor am Freitag und Sonnabend eine Medaille nach der anderen aus dem Eiskanal gefischt, Loch selbst hatte zum Auftakt den Sprint gewonnen und große Hoffnungen geweckt. Bei überragenden 14 von 21 möglichen Medaillen stand die Bilanz des Bob- und Schlittenverbands für Deutschland (BSD) vor dem letzten Wettkampftag.

Anna Berreiter gewann bei den Frauen ihren ersten WM-Titel überhaupt, die Doppelsitzer um die Weltmeister Toni Eggert und Sascha Benecken sowie Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal überzeugten standesgemäß. Bereits die Sprint-Wettbewerbe mit viermal Gold zum Auftakt hatten auf ein erfolgreiches Wochenende hoffen lassen. „Geiles Team, geile Stimmung, geile Leute“, resümierte Berreiter. Mit feuchten Augen und Blumenstrauß in der Hand stand sie am Sonnabend überwältigt von ihren Gefühlen im Zielbereich, Teamkolleginnen, Freunde und Familie herzten die neue Rodel-Weltmeisterin. Mit zwei famosen Läufen war die 23 Jahre alte Olympia-Zweite kurz zuvor zu ihrem ersten WM-Titel gerast. „Ein geiler Tag, ich habe es einfach gefühlt heute“, sagte Berreiter, die nur die Spitze des Eisbergs bei der deutschen Dominanz in Oberhof darstellte.

Hinter ihr gewann die entthronte Julia Taubitz Silber, Dritte wurde Lokalmatadorin und Sprint-Weltmeisterin Dajana Eitberger. „Ich muss schon sagen, ein bisschen geliebäugelt habe ich damit“, sagte Bundestrainer Norbert Loch über den Dreifachsieg: „Das ist einfach bravourös und grandios, eine richtig starke Mannschaftsleistung.“

„Thüringen-Express“ gewinnt das Heimspiel in Oberhof

Grandios war zuvor bereits der „Thüringen-Express“ gefahren, Eggert und Benecken setzten sich wie im Sprint gegen ihre Dauerrivalen Tobias Wendl und Tobias Arlt durch und feierten ihren insgesamt zehnten WM-Titel. „Es ist eine Riesenlast abgefallen“, sagte Eggert, der im Nachbarort Suhl geboren wurde. „Vielleicht ist es einfach diese geballte Energie, die uns heute diesen Extra-Push gegeben hat. Diese Weltmeisterschaft ist einfach top“, sagte Benecken.

Der verpasste Titel bei den Herren am Sonntag verhinderte die totale deutsche Dominanz. In Georg Hackl indes tat der Erfolg zumindest einem Deutschen so gut, weil er mit seiner neuen sportlichen Heimat ein Ausrufezeichen gesetzt hatte. „Wir wussten, es wird schwer, in die deutsche Phalanx einzubrechen, die Deutschen haben bisher alle Trumpfkarten ausgespielt. Dann ein erster und dritter Platz, das ist schon sehr, sehr gut“, sagte Hackl.