Freude bei der Trauerfeier: Hertha BSC beerdigt den Big City Club

Herthas neuer Investor Joshua Wander stellt sich und die Absichten seines Unternehmens 777 in Berlin bei einer Pressekonferenz vor. 100 Millionen Euro fließen.

Hertha-Präsident Kay Bernstein, 777-Partners-Geschäftsführer Joshua Wander und Hertha-Geschäftsführer Thomas Herrich (v.l.) starten eine neue Zusammenarbeit.
Hertha-Präsident Kay Bernstein, 777-Partners-Geschäftsführer Joshua Wander und Hertha-Geschäftsführer Thomas Herrich (v.l.) starten eine neue Zusammenarbeit.Andreas Gora/dpa

Joshua Wander kam im schwarzen Basecap zur Trauerfeier, seine blaue Krawatte war weiß gepunktet. Blau-weiß wie die Hertha-Farben. Der Tag, an dem Hertha seinen neuen Investor 777 Partners bei einer Pressekonferenz präsentierte, war für Präsident Kay Bernstein „ein sehr guter Tag für Hertha BSC“. Nun ist gute Laune sonst nicht die Gefühlslage, die bei Beerdigungen dominiert. Wobei es darauf ankommt, wer oder was beerdigt wird. Bernstein fand, der Montag sei ein sehr guter Tag, „um das Label Big City Club ein für allemal abzustreifen – und diesen Größenwahn der vergangenen Jahre“.

Die von Bernstein so bezeichnete Trauerfeier war also eine Freudenfeier – ein Neubeginn, der einen Abschied möglich macht. Schließlich passiert es nicht oft, dass jemand alle Anteile eines Investors übernimmt (zu welchem Preis, unterliegt laut Wander einem Verschwiegenheitsabkommen) und dazu auch noch 100 Millionen Euro lockermacht, um sie in einen Fußballklub zu stecken. Einen Klub, dessen Geschichte im Großen und Ganzen überwältigend ist, dessen vergangene drei, vier Jahre aber eher Geschichten zum Hände-über-dem-Kopf-zusammenschlagen boten. Inklusive Fast-Abstieg.

777 Partners investiert 100 Millionen Euro in Hertha BSC

100 Millionen Euro, yes, bestätigte Wander, werde 777 (gesprochen: Triple Seven) investieren – unabhängig von Herthas künftiger Ligazugehörigkeit. Sein Unternehmen übernimmt die 64,7 Prozent an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA, die bisher im Besitz von Lars Windhorst waren. Der hatte den Begriff Big City Club nach seinem Einstieg bei Hertha BSC geprägt.

Aus dem Mund von Wander, den Herthas Präsident Bernstein und Herthas Finanz-Geschäftsführer Thomas Herrich kameradschaftlich Josh nannten, während Josh sich für das große Vertrauen von Kay und Tom bedankte und jedem der beiden einmal links, einmal rechts kameradschaftlich die Hand auf die Schulter legte, hört sich die Vision für Hertha (gesprochen: Hörda) anders an als seinerzeit bei Windhorst: „Es ist ein unglaublicher Moment, bei diesem Klub mit dieser großen Tradition einzusteigen“, sagte Wander, „ich komme aus Miami. Das ist eine unglaubliche Sportstadt, die aber nicht diese tiefe und reiche Geschichte hat, die ein Klub wie Hertha bietet. Unser American-Football-Team ist erst 55 Jahre alt.“

Wander ist nicht als Geschichtsstudent nach Berlin gekommen. Mit seinem Exkurs in die 130-jährige Hertha-Historie wollte er deutlich machen, dass ihm Vereinstraditionen wichtig sind. „Wir möchten, dass der Klub und die Fans wissen, wie viel Respekt wir davor haben, wie der Fußball in Deutschland strukturiert ist“, sagte der 41-Jährige. Damit wollte er seine Akzeptanz für die 50+1-Regel ausdrücken. 

Bei aller Liebe, Langfristigkeit und Einigkeit soll das Investment dazu führen, dass Hertha sich so gut wie möglich entwickeln kann, um irgendwann profitabel zu sein. Auch das stellte Wander klar. Zu Details, wann die 100 Millionen fließen und ob sich die Private-Equity-Gesellschaft zusätzliche Anteile sichert, äußerte er sich nicht.

Dafür stellte Herthas Finanz-Geschäftsführer Herrich erleichtert fest, dass das Geld ein „zentraler Baustein für die Lizenzierung“ sei. Am Mittwoch muss Hertha die Unterlagen für die kommende Saison bei der Deutschen Fußball-Liga einreichen. Gleichzeitig geht der Sparkurs weiter. Dass Fußballklubs wie Hertha finanziell in Bedrängnis kommen, liegt laut Wander oft daran, „dass sie wie Vereine geleitet wurden, nicht wie Unternehmen“.  

Präsident Bernstein hat seit seiner Wahl im Sommer begonnen, die Moderne einzuleiten. Und Wander, der mit Frau und Tochter nach Berlin gekommen ist, sagte, ihm sei bei seinem ersten Bundesligaspiel – einer Niederlage – die Leidenschaft der „Hörda-Fans“ aufgefallen. Triple Seven wolle stets im besten „Hörda-Sinn“ handeln. „Gemeinsam“ war ein Wort, das am Montag häufig fiel, „auf Augenhöhe“, „partnerschaftlich“.

Kay, Josh und Tom legten sich ins Zeug, Ängsten entgegenzuwirken, dass eine Multi-Klub-Heuschrecke aus Miami die Hertha kahl frisst. „Wir wollen von Netzwerk und Expertisen von 777 profitieren. Immer im Abgleich. Immer mit der Frage: Haben wir das Beste für Hertha BSC entschieden?“, sagte Bernstein. Die Sorgen der Fans könne er nur durch Kommunikation abbauen. Als er gefragt wurde, was ihn hoffen lasse, dass diese Partnerschaft nicht so grandios scheitert wie jene mit Windhorst zuvor, antwortete er: „Andere handelnde Personen.“