Berlins Volleyball-Chef Niroomand: „Unsere Jungs haben sich super verkauft“

Dem Druck von Klub-Weltmeister Perugia halten die BR Volleys nur phasenweise stand. Ein Spektakel war der Champions-League-Abend vor Rekordkulisse trotzdem.

Perugias Zuspieler Simone Giannelli (r.) setzt Flavio Gualberto in Szene, um gegen die BR Volleys zum Punkt zu kommen.
Perugias Zuspieler Simone Giannelli (r.) setzt Flavio Gualberto in Szene, um gegen die BR Volleys zum Punkt zu kommen.Andreas Gora/dpa

Es könnte sein, dass sich der Berliner Balljunge aus der Ecke der Max-Schmeling-Halle am Morgen nach dem spektakulären Volleyball-Champions-League-Abend noch mal die Augen rieb. Dass er sich fragte: War das wirklich Wilfredo León? Der Angreifer, den viele für den besten Volleyballer der Welt halten? Der 2,01-Meter-Mann, der beim italienische Topteam Sir Sicoma Monini Perugia Millionen verdient? Ja, das war er. León nutzte die Pause zwischen Satz zwei und drei im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League, um dem Jungen im orangefarbigen BR-Volleys-T-Shirt, der ihm einen Ball aus der Ecke zugeworfen hatte, einen Pass zuzuspielen. Und noch einen. Es ging hin und her zwischen dem großen und dem kleinen Athleten.

Niroomand: „Illusion, gegen Perugia zu gewinnen, ist Blödsinn“

So ähnlich war es auch auf dem Feld zwischen Klub-Weltmeister Perugia und dem deutschen Meister BR Volleys, dessen Manager Kaweh Niroomand schon vor der 1:3 (18:25, 15:25, 25:23, 17:25)-Niederlage von einem Duell zwischen David und Goliath gesprochen hatte. Nach dem beeindruckenden Volleyball-Abend vor der Berliner Saison-Rekordkulisse von 8213 Zuschauern sagte er: „Die Leute kamen aus allen Teilen der Republik, aus allen Teilen unserer Stadt. Sie wollten ein großes Spiel sehen. Sie haben über weite Strecken ein großes Spiel gesehen. Unsere Jungs haben sich super verkauft. Aber die Illusion, dass wir gegen Perugia gewinnen können, ist Blödsinn.“

Die Chance, beim Rückspiel am 15. März im Pala Barton in der dritten Saison hintereinander das Aus im Viertelfinale der Champions League abzuwenden, tendiert für sein Team gegen null. Immerhin schien das italienische Star-Ensemble zu Beginn beeindruckt von der Kulisse und der starken Anfangsphase der Berliner zu sein.

Doch dann begann Perugias ukrainischer Außenangreifer Oleh Plotnytskyi das erste seiner insgesamt sechs Asse zu schlagen, der Tabellenführer der Super Lega zog sein Spiel auf. „Es war nicht einfach. Wir haben uns am Anfang schwergetan, dann haben wir das Spiel unter Kontrolle gehalten, weil wir sehr gut geblockt und verteidigt haben, dank eines tollen Aufschlags. Berlin hat ein sehr gutes Spiel gemacht, es war ein richtiges Match vor tollen Fans“, urteilte Perugias Coach Andrea Anastasi.

Fast in allen Elementen dominierte sein Team. 15:7 Blocks und 10:3 Asse in der Abschluss-Statistik zeigten, weshalb sich die Volleyballer aus Perugia den Namen „Block-Teufel“ erworben haben. Simone Giannelli, der neue Stern am Zuspieler-Himmel, dirigierte souverän, machte selbst sechs Zähler und schickte alle seine Angreifer in den zweistelligen Punktebereich. Wobei Niroomand auf die bessere Annahme der Berliner verwies: „Wir kriegen die Bälle besser zum Netz, verwerten die aber schlechter.“

Mit der Einwechslung von Cody Kessel kam neue Energie ins Spiel der Volleys. Nach einem fehlerhaften zweiten Satz, in dem die Spieler vor allem während Plotnytskyis Aufschlagserie zunehmend ratlos wirkten, belohnten sie sich für ihr Engagement und ihre effektivere Block-Abwehr mit dem Gewinn des dritten Satzes. Zuspieler Johannes Tille brachte ihn mit einem Ass unter Dach und Fach. Die Menschen in der Halle standen, klatschten, hauten auf die Pauken. Doch in Satz vier riss das Weltklasseteam aus Perugia die Partie wieder gnadenlos an sich.

„Sie haben wirklich konstant Druck ausgeübt. Ihre Aufschläge sind schneller, alles läuft in schnellerem Tempo, als wir es aus der Bundesliga kennen“, sagte Tille, der sich auf Marek Sotola als konstanter Verwerter von insgesamt 18 Punkten verlassen konnte. Kessel fügte an: „Perugia hat immer sechs Leute auf dem Feld, die das Spiel verändern können. Sie führen alles auf höchstem Level aus.“

Am Sonntag kommt die SVG Lüneburg in die Max-Schmeling-Halle

Und Berlins Trainer Cedric Enard fand: „Man hat den physischen Unterschied gesehen. Perugia ist bekannt für die Aufschlagstärke und die haben sie in unserer Arena bewiesen. Wir standen das ganze Spiel unter einem Druck des Gegners, den wir so nicht gewohnt sind. Dennoch haben es zum Beispiel Marek und Cody nach seiner Einwechslung gut gemacht.“ 

Was bedeutet so ein Vergleich auf höchstem Niveau nun für sein Team? Was können die BR Volleys aus solchen Spielen lernen? „Volleyball wird immer physischer“, meint Niroomand. „Solche Spiele bringen uns weiter. Aber klar ist: Die sind Klub-Weltmeister. Und wir spielen in der deutschen Bundesliga.“ In deren Zwischenrunde steht am Sonntag in der Max-Schmeling-Halle (15 Uhr, twitch.tv/spontent) die Partie gegen die SVG Lüneburg an. Und auch der Balljunge in der Ecke wird dann ein anderer sein.