Deutscher Olympischer Sportbund: Nur wir, nie ich

Kürzlich ist schon ein Funktionär gescheitert mit der Idee, im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) könne wenigstens intern gepflegt über die Nachfolge von Präsident Thomas Bach debattiert werden. Klaus Schormann, Vorsteher der Modernen Fünfkämpfer und Präsident des Weltverbandes, hatte Einladungen verschickt – „zum Gedankenaustausch“, wer es denn machen könne, falls Bach sich auf den Thron des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) verabschieden sollte. „Unterschiedliche Kreise“, schrieb Schormann Ende Juni, würden „bereits die Nachfolgefrage diskutieren“.

Da hatte das Geschachere längst begonnen: Christa Thiel, die Präsidentin des erfolglosen Schwimmverbandes, läuft sich warm, Ingo Weiß, der Basketball-Chef, und angeblich auch Michael Vesper, Bachs DOSB-General.

Dennoch: Gerade mal einen Tag dauerte es, bis dem wackeren Fünfkämpfer die Grundsätze verbandsinterner DOSB-Demokratie beigebracht wurden. Er zog seine Einladung an die Verbandspräsidenten schriftlich zurück – aufgrund „sachlicher Diskussionen“ sowie „aus Respekt und Würdigung unseres DOSB-Präsidenten“. Gelacht haben darüber die wenigsten. Es rumort im Dachverband des deutschen Sports (Spott: „Bach-Verband“). Viele schätzen es nicht sonderlich, wie Bach, sein Vorstopper Vesper und treue Gefolgsleute Mitglieder auf Linie bringen. Schon zu lange, heißt es, sei alles auf Bachs persönliche IOC-Ambitionen ausgerichtet.

Daran soll sich kurz vor der Wahl in Buenos Aires am 10. September natürlich nichts ändern. Daher droht sich die proaktive Schadensbegrenzung, die im Falle Schormann offenbar für passend gehalten wurde, zu wiederholen. Leidtragender wäre diesmal die Öffentlichkeit: Eine Nachrichtenagentur übermittelte Mitte voriger Woche ein paar Fragen an die 34 Präsidenten der olympischen Verbände. Welche Verdienste Bach habe im deutschen Sport, ob es Kritik gebe, was man von ihm als IOC-Präsident erwarte. Ein Auskunftsbegehr, mit dem sich die übliche Story mit Zitaten stricken ließe. Auch die unstatthafte Frage, die nach Bachs Nachfolger, war dabei.

Kritik? Keine. Verdienste? Die Menge

Antworten sollten die Funktionäre eigentlich bis heute. Allerdings: Bachs Helfer sind offenbar besorgt, dass der eine oder andere tatsächlich ins Grübeln kommt. Jedenfalls beeilte sich Rainer Brechtken, Turner-Chef und allzeit linientreuer Bach-Gefolgsmann, nicht nur der Agentur, sondern auch den Kollegen seine Antworten zu übermitteln – angeblich „zur Information“, aber explizit in seiner Eigenschaft „als Sprecher der Spitzenverbände im DOSB“. Die Botschaft kam an. „Der Herr Brechtken“, formuliert ein Verbandspräsident süffisant, „lässt sicher nicht umsonst das Wörtchen ‚wir‘ in seine Auskünfte einfließen.“

Versteht sich, dass damit im Bach-Verband die Chance auf divergierende Antworten rapide gesunken ist. Besagter Agentur soll auch nicht allzu viel von ihrem Scoop für die IOC-Wahlberichterstattung genommen werden. Verraten sei aber: Brechtkens Mitteilungen lesen sich wie in der DOSB-Pressestelle entworfen. Der Nachfolger? Darüber „werden wir keine Personaldiskussion vor dem 11. September führen“. Kritik an Bach? Keine. Verdienste? Die Menge. So stehe der DOSB „in der Mitte der Gesellschaft“, sei „hoch anerkannt“ für sein „gesellschaftspolitisches Engagement“. Auf der letzten Konferenz der Spitzenverbände hinter verschlossener Tür war man offener. Im Protokoll ist nachzulesen, was Bach, im Amt seit 2006, versäumt hat: 2010 hatten „laut einer Umfrage nur 18 Prozent der sportinteressierten Bevölkerung überhaupt eine Vorstellung davon, wer der DOSB ist“. Die Frankfurter Zentrale reagierte – eine „neue Markenarchitektur“ soll her. Schon 2014.

Weiteres „Verdienst“ des Musterfunktionärs Bach laut Brechtken: Die Antidoping-Politik genieße „höchste Priorität“. Allerdings kann wohl nicht einmal mehr der Vorturner den Unmut der Kollegen über Bachs Blockade-Haltung gegenüber einem Antidoping-Gesetz ganz ignorieren. Gerade erst nannte Leichtathletik-Präsident Clemens Prokop die Betrugsbekämpfung im Lande „eine Schande“. Man sei, konzediert Brechtken, „offen für weitere gesetzliche Maßnahmen“.

Weit reicht die minimale Absetzbewegung indes nicht. Letzte Frage: Soll Bach DOSB-Präsident bleiben, wenn er in Buenos Aires scheitert? Brechtken: „Ich wüsste nicht, welchen Grund es gäbe, daran etwas zu ändern.“ Immerhin − ein Mal sprach er nur für sich selbst.