DFB-Elf spielt gegen Ungarn: Bundestrainer Hansi Flick in der Zwickmühle
Vier Länderspiele nach dem Saisonende sind eigentlich zu viel, sagt Bundestrainer Hansi Flick. Trotzdem muss die Nationalmannschaft gegen Ungarn gewinnen.

Budapest ist für sein stabiles Sommerwetter bekannt. Deswegen ist an den Wochenenden ja auch die Margareteninsel inmitten der Donau mit Blick auf die beiden Stadteile Buda und Pest so gut besucht, weil hier an verschiedenen Stellen Abkühlung winkt. Annähernd 30 Grad sollen es werden, wenn die deutsche Nationalmannschaft in der Nations League gegen Ungarn (Samstag 20.45 Uhr/RTL) antritt. Vor der dritten Station übte Bundestrainer Hansi Flick erstmals deutliche Kritik an der engen Taktung an Länderspielen so kurz vor der Sommerpause. „Vier Spiele sind einfach zu viel nach so einer langen Saison.“ Man müsse in der Betrachtung ja zwei Jahre zusammenpacken: „Wir hatten eine Pandemie, da sind viele Spiele hintangestellt worden.“ Das alles sei schon „tough“, sagte der 57-Jährige.
Nach einer kurzen Sommerpause müssten die Topspieler bis zur Weltmeisterschaft in Katar (21. November – 18. Dezember) alle drei, vier Tage ran. „Man sollte sich dem schon mal annehmen“, riet der DFB-Angestellte Flick in Richtung von Uefa und Fifa, denn ohne Pause geht es nicht. Der Bundestrainer steckt erkennbar in einer Zwickmühle: Einerseits würde er gerne aus seinem großen Kader schöpfen, vielleicht auch Karim Adeyemi, Lukas Nmecha oder sogar Anton Stach mal von Anfang an einsetzen. Andererseits möchte er nach den Unentschieden gegen Italien (1:1) und England (1:1) jetzt gerne drei Punkte zur Belohnung: „Wir haben einen großen Schritt gegen England gemacht, den gilt es zu bestätigen.“
Gleichwohl sei Ungarn „das schwerste Spiel, das man haben kann“, sagte Flick. Denn: „Das ist eine Mannschaft, die sehr kompakt in der Defensive agiert, kaum Räume freigibt. Es wird eine ganz große Aufgabe für uns.“ Pfiffe gegen die deutsche Elf in der vollbesetzten Puskas-Arena kämen dabei nicht überraschend. Schon bei der EM hatten ungarische Fans beim Public Viewing stets die deutschen Gegner angefeuert.
In ihren weltpolitischen Anschauungen trennt die Länder einiges, und vielen Magyaren hat gar nicht gefallen, auf welche Ebene das letzte EM-Gruppenspiel (2:2) gehoben wurde. Damals hatte halb Deutschland im Vorlauf eine Regenbogen-Debatte geführt, nachdem die Uefa den Antrag der Stadt München abgelehnt hatte, gegen ein LGBTQ-feindliches Gesetz der Regierung Viktor Orban mit einer bunten Beleuchtung der Münchner Arena zu protestieren.
Leon Goretzka formte schlussendlich nach dem späten Ausgleich demonstrativ ein Herz, um ein Zeichen gegen die homophoben Sprechchöre ungarischer Anhänger zu setzen. Dass Goretzka nun Unmutsbekundungen zu hören bekommt, sei aber „null Thema“, versicherte Flick, und wenn die Stimmung aufgeheizt sei, „muss das jeder aushalten“.
Thomas Müller gehört zu einer vierköpfigen Achse, die gesetzt ist
Keine Erwägung ist es, ergänzte Mitspieler Thomas Müller, dass sich die Mannschaft wie vor einer Woche die Engländer in Ungarn als Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung hinkniet. Man habe aus Solidarität mit dem englischen Team am Dienstag so gehandelt, „aber wir planen das nicht durchgängig.“ Die Geste des Kollegen Goretzka, das wollte der 32-Jährige noch sagen, habe „uns aus dem Herzen gesprochen, nachdem sich der ungarische Fanblock nicht gerade vorbildlich verhalten hat“.

Müller gehört zu jener vierköpfigen Achse, die bei Flick einen so dicken Stein im Brett hat, dass vielleicht wieder alle in der Startelf stehen. Kapitän Manuel Neuer („wir werden im Tor keine Änderung machen“) erhielt eine Einsatzgarantin, Abwehrchef Antonio Rüdiger („hat eine fantastische Entwicklung genommen“) und Mittelfeldorganisator Joshua Kimmich („hat zwei sehr gute Spiele gemacht“) reichlich Komplimente. Und Müller wäre vor seinem 115. Länderspiel kaum zur Pressekonferenz erschienen, wenn er nicht auch gegen den Weltranglisten-40. gebraucht würde.
Mit dem Charterflug nach Budapest endete am Freitag für die Mannschaft gleichzeitig die Zeit in Herzogenaurach, denn fürs Duell gegen Italien in Mönchengladbach (Dienstag 20.45 Uhr/ZDF) fliegt der Tross dann am Montag direkt aus Budapest nach Düsseldorf. Der „Home Ground“ am Stammsitz des DFB-Ausrüsters bleibt aber nicht lange verwaist, denn hier zieht am Sonntag das Frauen-Nationalteam mitsamt einem genauso großen Begleittross zum EM-Trainingslager ein.
Wortführer Thomas Müller versprach ein ordentliches Aufräumen und verriet, dass die sachlichen Zimmer dazu animieren würden, viel Zeit im Gemeinschaftsbereich zu verbringen. Man hätte in der Freizeitecke viel „Spiel, Spaß und Spannung“ gefunden – und das „Säckchen-Werfen“ für sich entdeckt. Richtig zufrieden würde er aber erst in den Urlaub gehen, so das bayrische Unikum, wenn er vor dem wohlverdienten Urlaub auch sechs Punkte eingesackt hätte.