Nicht ohne die Familie: Mit Baby und Kleinkind auf Dressur-Tour

Deutschlands erfolgreichste Olympionikin von Tokio, Jessica von Bredow-Werndl, reitet wieder nach der Babypause. In Stuttgart hat sie Begleitung.

Jessica von Bredow-Werndl beim Weltcup-Finale in Leipzig.
Jessica von Bredow-Werndl beim Weltcup-Finale in Leipzig.dpa/Jan Woitas

Ein drei Monate altes Mädchen und ein fünf Jahre alter Junge – wie vereinbart eine Weltklasse-Athletin die Mutterrolle mit der Rückkehr in den Spitzensport? „Ich habe ein geniales Umfeld“, schwärmt Doppel-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl. Auf Mama und Papa ist Verlass, sie sind fast immer dabei. Auch in dieser Woche, wenn die 36 Jahre alte Dressurreiterin beim Weltcup-Heimspiel in Stuttgart antritt.

Seit der Geburt ihres zweiten Kindes sind die Familienausflüge der besonderen Art noch aufwendiger. „Wenn ich Angst um die Kinder haben müsste, könnte ich nicht reiten“, sagt die Athletin. „Meine Eltern sind meistens dabei. Das erdet und ist sehr schön.“ Wenn ihr Bruder Benjamin Werndl – wie jetzt in Stuttgart – beim gleichen Turnier reitet, wird er bei der Kinderbetreuung ebenfalls eingespannt.

Trotz Babypause noch Nummer eins der Weltrangliste

„Es ist auch eine Challenge“, gibt von Bredow-Werndl angesichts der Doppelbelastung zu. „Man denkt morgens nicht als Erstes an den Weltcup-Ritt, sondern: Wie organisiere ich alles rund um das Baby beziehungsweise die Kinder?“ Ella wird schließlich noch gestillt, und der fünfjährige Moritz muss auch betreut werden.

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„Die Prioritäten verschieben sich“, sagt die Reiterin, die trotz sechs Monaten Babypause immer noch die Nummer eins der Weltrangliste ist und nun ihr erstes Heimturnier nach Ellas Geburt bestreitet. Es gibt aber auch einen Vorteil. „In den entscheidenden Momenten hilft es auch, noch konzentrierter zu sein“, stellte sie fest.

„Als zweifache Mutter bin ich noch einen Tick gelassener“, lautet ihre Zwischenbilanz nach dem Comeback vor zwei Wochen in Lyon, als sie gleich mit zwei Siegen auf Dalera ins Viereck zurückkehrte. „Ich weiß vom ersten Mal, dass ich es kann“, sagt sie mit Blick auf die Rückkehr in den Sport nach der Geburt ihres Sohnes. Klar ist aber auch der zusätzliche Aufwand: „Ich muss alles gut managen.“

Die Punkte von Jessica von Bredow-Werndl fehlten zuletzt

Die Erfahrungen mit dem ersten Kind haben ihr jetzt auch beim Training und beim Aufbau nach der zweiten Geburt geholfen. „Ich habe mich behutsam und konsequent wieder fit gemacht“, berichtet sie. „Das fühlt sich bisher gut an. Ich bin optimistisch, dass ich bald wieder bei 100 Prozent bin.“

Das erste große Ziel nach der sechsmonatigen Pause sind die Europameisterschaften im kommenden Jahr in Riesenbeck. Dort hat sie drei Titel zu verteidigen. Nach dem Doppel-Gold von Tokio hatte die Reiterin bei der EM 2021 alle Prüfungen mit Dalera gewonnen.

„Wir freuen uns, wenn sie wieder dabei ist“, sagt Bundestrainerin Monica Theodorescu. Verständlich, denn ohne die zuletzt erfolgreichste Reiterin reichte es bei der WM im August in Dänemark für das erfolgsverwöhnte deutsche Team nur zu Platz drei. „Ihre Punkte fehlten“, betont Theodorescu.

„Wenn es passt, reite ich auch das Weltcup-Finale“, sagt von Bredow-Werndl an: „Das halte ich mir noch offen.“ Das Finale ist im April kommenden Jahres in den USA und damit besonders aufwendig. Als Titelverteidigerin muss sie auf der Weltcup-Tour keine Punkte sammeln, aber zwei Starts mit dem Pferd ihrer Wahl vorweisen.

Bei einem Familienausflug zum Final-Turnier nach Omaha im Bundesstaat Nebraska könnte sie den Titel verteidigen, den sie unmittelbar vor der Babypause in Leipzig gewonnen hatte. Im April sicherte sich von Bredow-Werndl den Weltcup – obwohl sie damals im fünften Monat schwanger war.