Edelfan Dario Urbanski: Vom Kap der guten Hoffnung ins Stadion voller Hoffnung
Berlin ruft. Genauer gesagt das Stadion An der Alten Försterei, in dem am Sonntag der 1. FC Union sein Debüt in der Bundesliga geben wird. Für den 56-jährigen Dario Urbanski und seine ebenso alte Frau Carmen, die wohl fraglos zu den Fans mit der weitesten Anreise (aus Kapstadt) und zu den Fans mit der schrägsten Verbindung zum Klub zählen, ist das ein Pflichttermin.
Ein Vierteljahrhundert hat Dario Urbanski den heimischen Boden nicht mehr betreten, seit er sich in Lategansvlei, einem Gemeindeteil von Oudtshoorn, als Straußenfarmer niedergelassen hat. 9 623 Kilometer jenseits von Köpenick. Genauer gesagt in der Kleinen Karoo, einer Halbwüste rund 475 Kilometer von Kapstadt entfernt. Was nicht immer ganz einfach war. Gleich zweimal raffte die Vogelgrippe dem gebürtigen Potsdamer den kompletten Bestand dahin. Er machte unverdrossen weiter. Inzwischen betreibt der gelernte Kellner auch ein Gästehaus. Nebenbei halfen die beiden auch immer bei der örtlichen Schule, der Primary School von Oudtshoorn–Lategansvlei, mit. Übrigens auch privat betrieben. „Der Staat gibt ja nichts“, so Dario.
Alles mittels Subbotnik
Den Unionfans ist er aber wesentlich bekannter in seiner Tätigkeit als „Sozialarbeiter“ für die Kinder des Dörfchens. Die spielten ja immer auf der Straße. Er legte dort unweit seiner Farm „Straußennest“ einen Fußballplatz an und nannte ihn als alter Union-Anhänger: Alte Försterei 2! Erst auf Schotter, dann auf Rasen!
Einfacher gesagt als getan. Ebene Flächen in der Größe eines Fußballfeldes sind in der Halbwüste eher selten. Also wurden eine riesige Fläche geebnet, Steine abgesammelt. Bis zu zwei Meter Höhenunterschied ausgeglichen. Eine Bewässerungsanlage errichtet. Alles mittels Subbotnik des Dorfes und der Schulkinder. Möglich gemacht durch Spenden von Fans aus Deutschland und in den letzten Jahren stark gefördert vom Fanunterstützerverband Eiserner Virus. Mitglieder des eisernen Wirtschaftsrats waren dort zu Besuch. Auch Union-Präsident Dirk Zingler.
Wettschulden sind Ehrenschulden
Das Projekt ist längt gewachsen. Tribünen sind entstanden, ein Umkleidehäuschen, ein Cateringstand. Fußball wird regelmäßig gespielt im Wettstreit mit anderen Dörfern. Auch ein Volleyballfeld für die Frauen, die mit Fußball weniger am Hut haben. In diesem Jahr wurde der Wassertank für den Fußballplatz auf einen drei Meter hohen Stand gesetzt, um den Wasserdruck zu verbessern. „101 Speckbüsche haben wir am Mandela-Day gepflanzt“, erzählt Urbanski. Gemeinsam wird über das Internet regelmäßig auch Union verfolgt.
Doch dieses Mal ist alles anders. Zumindest für ein paar Tage. Denn Dario und Carmen werden live vor Ort mit dabei sein. Wettschulden sind eben Ehrenschulden. „Ich hatte immer versprochen, dass ich erst nach Deutschland kommen werde, wenn Union sein erstes Bundesligaspiel bestreitet“, so Dario. Nun ist es soweit.
Große Aufregung
Gestern schwebten die beiden abends in Tegel ein. Was im Übrigen einige Vorarbeit verlangte. Dario musste sich im Gegensatz zu seiner aus Eberswalde stammenden Frau seinen alten Pass verlängern lassen. Carmen war vor fünf Jahren schon mal wieder in Berlin und natürlich auch beim 1. FC Union.
Doch die Tage bis zum Kick gegen Leipzig werden nicht langweilig werden für das Paar. Am Freitag gibt es um 16 Uhr zunächst eine Stadionführung, die Matti Michalke von den Eisernen Botschaftern gekonnt wie immer durchführen wird. Zwei Stunden später steigt im Fanhaus (ehemaliges Lidl-Gebäude) der Virus-Fan-Treff, auf dem Dario über seine ebenso mühselige wie freudvolle Arbeit mit der AF2 berichten wird. Zeit für ein Pläuschchen ist da bestimmt noch. Und auch das Auswärtsspiel in Augsburg wurde für die Urbanskis ins Auge gefasst. Die große Liebe endlich wieder zu sehen – ein Traum! „Ich bin so aufgeregt“, berichtet der 56-Jährige.