Eileen Gu: Zwischen Profit und Propaganda
Die Freestyle-Skifahrerin, die in den USA aufwuchs, ist zu Chinas Gesicht der Spiele geworden. IOC-Präsident Thomas Bach nutzt ihre Popularität.

Peking - Am Freitag startet sie wieder. Die Frau, die Chinas Gesicht der Winterspiele ist: Eileen Gu, die Goldmedaillengewinnerin im Big-Air-Freestyle-Skifahren und Silbermedaillengewinnerin im Slopestyle. In der Qualifikation zum Halfpipe-Finale war keine andere besser als die Frau, die zu einem mächtigen Propaganda-Werkzeug für die Machthaber in Peking geworden ist. Denn sie steht beispielhaft dafür, welchem Nutzen jemand aus der Loyalität zu China ziehen kann.
Auf kaum eine andere Sportlerin haben die chinesischen Medien mehr gesetzt. Das Gesicht von Eileen Gu prangt in Peking auf Plakaten. Es ist auf den Videoleinwänden und den Social-Media-Kanälen der chinesischen Staatsmedien zu sehen. Vor drei Jahren hatte sich die 18-Jährige, die in San Francisco aufwuchs, das Skifahren am Lake Tahoe lernte und an der Uni von Stanford studiert, entschieden, bei den Winterspielen nicht für die USA, sondern für China anzutreten, das Heimatland ihrer Mutter.
Eileen Gu Faust an Faust mit Thomas Bach
Gu posierte für die chinesische Vogue, hat Verträge mit globalen Unternehmen wie IMG-Models oder Louis Vuitton. Nach ihrem Sieg bei den X-Games 2021 postete sie bei Weibo einen Beitrag, der 23 Millionen Mal aufgerufen wurde. Auf Instagram folgen ihr 1,2 Millionen Menschen.
Die Freestylerin ist die erste Frau, die einen Double Cork 1440 stand, einen zweifachen Salto mit vier vollen Umdrehungen. Bei ihrem Big-Air-Sieg hielt sich Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Zielraum auf. Es gibt ein Foto, auf dem er Gu Faust an Faust gratuliert.
Verein Athleten Deutschland hofft auf kritische Nachbetrachtung
Und weil das nicht der einzige Moment war, in dem sich Bach im Sinne des Olympiagastgebers inszenierte, hat Johannes Herber vom Verein Athleten Deutschland das IOC zu einer eingehenden Analyse der Winterspiele in Peking aufgefordert. Ihm sei bereits zuvor klar gewesen, „dass das IOC alles vermeiden wird, was einen Konflikt mit dem Gastgeberland hervorrufen würde“, sagte Herber.
Er hoffe auf eine kritische Nachbetrachtung und darauf, „dass in Sachen zukünftige Vergabepraxis des IOC sowie bei der Haltung zu Menschenrechten und der Umsetzung einer Menschenrechtsstrategie im IOC ein Umdenken stattfindet“. Zweifel hegt Herber derweil an der Nachhaltigkeit der im Zuge der Spiele angestoßenen Menschenrechtsdebatte in China.
Auch Gu wurde für ihre China-Kooperation kritisiert: „Jeder Athlet muss wissen, wann man zu seiner Flagge stehen soll. Entweder stehst du für Freiheit oder Menschenrechtsverletzungen“, formulierte die frühere US-Botschafterin Nikki Haley.