Eisbären Berlin im Umbruch: Mindestens neun Spieler verlassen den Verein
Der deutsche Rekordmeister ist diesmal in den Play-offs nur Zuschauer. Das sorgte für eine wichtige Erkenntnis und personelle Veränderungen im Kader.

Sehnsuchtsvoll gingen die Blicke von Serge Aubin am Ende der kleinen Gesprächsrunde noch einmal in das leere Oval der Arena am Ostbahnhof. Als wäre die Perspektive an diesem Donnerstagmittag aus einer der Logen statt von der Trainerbank nicht schon schwer genug gewesen, gab es für den Coach der Eisbären Berlin auch kein Eis mehr zu sehen. Wesentlich früher als in den vergangenen Jahren war das bereits abgetaut – die Arena wird für ihre Zeit ohne Eishockey hergerichtet. Selbst der Saisonabschluss mit den Fans am Sonntag wird somit auf grauem Beton anstelle der Eisfläche stattfinden.
Sportlich viel schmerzhafter: Die heiße Phase der Saison, die Play-offs, finden ohne den amtierenden Deutschen Meister statt. Ungewohnt sei es, die derzeit laufenden Spiele in den Play-offs vor dem Fernseher verfolgen zu müssen, erzählte Eisbären-Geschäftsführer Thomas Bothstede von den zurückliegenden Abenden. Keine Spiele mit Berliner Beteiligung ab Mitte März – das hatte es erst einmal gegeben, seit Trainer Serge Aubin sein Amt im Sommer 2019 angetreten hat. Dazu muss man aber auch sagen, dass die Eisbären damals die Play-offs erreicht hatten, die Saison im Frühjahr 2020 aber im Zuge der Corona-Pandemie nach der Hauptrunde abgebrochen wurde.
Eisbären Berlin waren in den letzten 20 Spielen Tabellendritter
Und auch in der Schlussphase der mittlerweile aus Eisbären-Sicht zurückliegenden Saison hätte es trotz aller Probleme durchaus noch mit den Play-offs klappen können. „In den letzten 20 Spielen waren wir Tabellendritter“, nannte Sportdirektor Stephane Richer am Donnerstag eine positive Statistik einer enttäuschenden Saison. Er musste aber auch etwas später zugeben, dass man im Laufe der Saison die Situation falsch eingeschätzt habe und trotz aller schlechten Ergebnisse davon ausging, die Play-offs schon irgendwie zu erreichen.
Mittlerweile ist er schlauer. „Wir haben gelernt, dass jede Saison bei null anfängt und es keine Selbstläufer gibt“, so der Sportdirektor. „Ich kann euch versprechen, dass die Jungs in der kommenden Saison vom ersten Tag an bereit sind zu arbeiten, um wieder Eisbären-Eishockey zu spielen.“
Damit das gelingt, wird der Trainer auch in der kommenden Saison Serge Aubin heißen. Das hatten die Eisbären bereits am Tag nach dem enttäuschenden Saisonende verkündet. Wirklich zur Disposition habe die Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen dem Kanadier und den Eisbären ohnehin – weder während der sportlichen Krise in der Hauptrunde noch nach dem letzten Saisonspiel – nicht gestanden. „Mit unserer Ruhe in der Saison haben wir gezeigt, dass Serge unser volles Vertrauen hat und der richtige Trainer für die Eisbären ist“, so Richer. Der Coach selbst dachte ebenfalls nicht an einen Abschied aus der Hauptstadt. „Ich bin sehr stolz in einer solchen Organisation Trainer zu sein. In meinem Kopf gab es nie Zweifel“, sagte Aubin.
Insgesamt neun Spieler verlassen die Eisbären – darunter zwei Torhüter
Spielertechnisch hingegen haben er und die sportliche Leitung um Stephane Richer diese Zweifel schon im Laufe der Saison entwickelt. Im Ergebnis des regelmäßigen Austausches beider Seiten hieß das am Donnerstag offiziell: Die Eisbären trennen sich von mindestens neun Spielern. Namentlich handelt es sich dabei um die beiden Torhüter Tobias Ancicka und Juho Markkanen sowie die Angreifer Jan Nijenhuis, Peter Regin, Giovanni Fiore, Frank Mauer, Marco Baßler, Bennet Roßmy und Lewis Zerter-Gossage. „Nach so einer Saison müssen wir Dinge in der Mannschaft ändern“, sagte Stephane Richer, legte aber Wert darauf, dass Ancicka und Roßmy sich für einen Vereinswechsel entschieden hatten. Mit Vereinslegende Frank Hördler, Manuel Wiederer und Yannick Veilleux hingegen befindet sich die sportliche Leitung noch in Verhandlungen über eine Fortsetzung der Zusammenarbeit. Mit Co-Trainer Craig Streu und Verteidiger Rayan Bettahar waren diese Gespräche bereits erfolgreich – beide bleiben.
Zu den Gerüchten um mögliche Zugänge wollten sich die Eisbären traditionell zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern, gaben zumindest Auskunft über das Anforderungsprofil der neuen Spieler. „Wir müssen schneller werden“, sagte Richer, „wir wollen zurück zu unserem Eishockeyspiel, mehr Tore schießen.“ Das Wettkampfniveau wolle man damit erhöhen, ergänzte Trainer Serge Aubin. Natürlich hofft er, dass er dadurch im März des kommenden Jahres nicht in einer Loge der Arena am Ostbahnhof über die zurückliegende Saison sprechen muss, sondern Auskünfte über seine Herangehensweise an die erste Play-off-Aufgabe geben kann.