Eishockey: Die guten Schweizer
Der 18. Februar ist für das Schweizer Eishockey kein normaler Tag. Genau vor acht Jahren, bei den Olympischen Spielen in Turin, gelang ein sportlicher Coup, der Züge einer Erweckung trug: 2:0 gewann das Herrenteam gegen die NHL-Größen aus Kanada. Ralph Krueger, der heute zum Beraterstab der Kanadier gehört und damals die Eidgenossen trainierte, sagt: „Dieser Sieg hat einen unglaublichen Boom ausgelöst, ähnlich wie in Deutschland früher die Tenniserfolge von Boris Becker oder Steffi Graf. Da ist in der Schweiz eine neue Denkweise angebrochen.“
Die Auftritte der Schweizer Eishockeymannschaften bis zum 18. Februar 2014 stützen diese These. Die Frauen spielten am Montag gegen die hier übermächtigen Kanadierinnen um den Einzug ins Finale (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe). Die Männer treffen am heutigen Dienstag auf Lettland und spielen um einen Startplatz im Viertelfinale. Die Männer-Mannschaft von Sean Simpson ist hier klarer Favorit. Das zweitplatzierte Team der vergangenen WM, das mit mittlerweile neun NHL-Profis gespickt ist, präsentierte in der Vorrunde schon wieder seine hohen taktischen Spielanlagen.
Die Basis dafür ist ein straff organisiertes Ausbildungssystem. Seit der Boom Fahrt aufnahm, setzt das Land auf eine für europäische Verhältnisse einzigartige Nachwuchsförderung. Los geht das schon mit den ganz Kleinen. Bei der sogenannten Postfinance-Trophy treten jedes Jahr rund 14 000 Schüler in Sichtungs-Turnieren gegeneinander an. Es ist die erste große Gelegenheit, den zahlreichen Spähern der Vereine aufzufallen.
Eisbären-Manager Peter John Lee war beim Olympia-Coup Kruegers Assistent, er sagt: „Die Situation ist ganz anders als in Deutschland. Hier dreht sich alles um Fußball, in der Schweiz sind Eishockey und Fußball etwa gleich.“ In der DEL genießen Klubs wie die Eisbären oder die Adler Mannheim Anerkennung, weil sie in regelmäßigen Abständen junge Spieler hervorbringen. In der Schweiz versteht sich praktisch jeder Klub als Ausbildungsverein.
Ein ordentliches Budget
Damit diese Bemühungen dem eigenen Verband zugutekommen, hat sich das Land rigorose Regeln im Nachwuchsbereich auferlegt. Bei den Amateuren sind ausländische Spieler nur dann zugelassen, wenn sie den Status eines Schweizers haben – zum Beispiel durch die Auflösung der ersten Lizenz oder nach fünf Jahren Aufenthalt in diesem Land. Indem sich die Schweizer Klubteams derart abschotten, erreichen sie, was Krueger als ausschlaggebend für die Stärke der Nationalmannschaft ansieht: „Jede Mannschaft braucht mindestens fünf einheimische Spieler, die Verantwortung übernehmen.“
Dazu kommt ein ordentliches Budget. Jährlich werden Beträge von mehr als einer Million Franken in die Schweizer Juniorenliga gepumpt, wo sich der Nachwuchs misst. Damit sich diese Investitionen auch auf dem Eis bemerkbar machen, finden sich quer durch das Land sogenannte Eishockeyakademien. Davon profitieren vor allem auch die Frauen. Während in Deutschland Talente strukturbedingt „durch das Sieb fallen“, wie Frauen-Bundestrainer Peter Kathan sagt, genießen auch Eishockeyspielerinnen die außergewöhnliche Förderung. Das zeigt sich an der Qualität der Liga. „In der Schweiz gibt es bei den Frauen einige gute Vereine“, sagt Lee, „in Deutschland ist das ein bisschen schwerer.“
Schwer tut man sich hierzulande vor allem mit der Verzahnung der verschiedenen Nationalmannschaften. Männer-Bundestrainer Pat Cortina, der vergangenes Jahr gleichzeitig auch das Amt des Sportdirektors übernommen hat, kritisierte vor nicht allzu langer Zeit die Schwächen des Nachwuchs-Systems in Deutschland. „Momentan weiß der eine nicht, was der andere tut“, hatte er vor dem Deutschland-Cup gesagt.
Für Krueger ist das der Nachteil gegenüber der Schweiz schlechthin. „Die Nationalmannschaftsprogramme U20, U18, U17, U16 sind so wichtig, da muss investiert werden. In der Schweiz wurden hier die Grundsteine für die A-Nationalmannschafts-Erfolge gelegt.“