Ende der Erfolgswelle: Achter-Schlagmann kritisiert den Ruderverband

Bei den deutschen Ruderern halten die Spannungen zwischen Athleten und Verbandsspitze auch während der Weltmeisterschaft in Tschechien an.

Der Deutschland-Achter gehört bei der WM in Tschechien nicht zu den Favoriten.
Der Deutschland-Achter gehört bei der WM in Tschechien nicht zu den Favoriten.dpa/Sven Hoppe

Alles auf Gold – so lautete über Jahre das Ziel des Deutschland-Achters. Doch in diesen Tagen steht das Selbstverständnis des erfolgsverwöhnten Paradebootes auf der Probe. Denn die Sorgen der Ruderer sind groß: Umbruch, fehlende Erfahrung, Rückschläge. Bei der Weltmeisterschaft droht dem jungen Team gar das Aus vor dem Finale.

„Wir nehmen uns immer viel vor. Das liegt natürlich auch in der Geschichte des Deutschland-Achters“, sagte Bundestrainer Uwe Bender vor dem Vorlauf in Racice, Tschechien am Dienstag. Natürlich wolle das deutsche Ruder-Flaggschiff „um das Podium mitfahren“. Aber: „Ob das realistisch ist, das können wir noch nicht einschätzen.“

Deutschland startet mit jüngstem Team der Geschichte bei der WM

Seit 2017 holte das Ausnahmeboot drei Weltmeister-Titel und vier Goldmedaillen bei Europameisterschaften, alles andere als Platz eins fühlte sich nicht selten wie eine Niederlage an. Doch nach dem Umbruch hakt es, über allem schwebt die Frage: Kann sich der Achter auf der Erfolgswelle halten?

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Gleich sechs erfahrene Silbermedaillengewinner von Tokio fielen weg, dazu fehlen bei der WM die Olympiazweiten Laurits Follert und Olaf Roggensack berufsbedingt. Mit einem der jüngsten Teams der Geschichte geht der Achter daher in Tschechien an den Start.

„Natürlich kann man unter Umständen das A-Finale verpassen. Wenn es unglücklich läuft, kann man einen schweren Hoffnungslauf bekommen – dann kann alles in beide Richtungen passieren“, sagte Bender. Man müsse „realistisch sein und sehen, wo wir herkommen, wie oft wir die Mannschaft zwangsweise ändern mussten in der Vorbereitung“.

Bei der EM verpasste die Crew um Schlagmann Torben Johannesen die Medaillen, es ist bislang das viel zitierte „Lehrjahr“. Nur das erstplatzierte Boot aus dem Vorlauf zieht auf direktem Weg ins Finale ein, für alle anderen geht es in den Hoffnungslauf.

Auch während der WM dauern unterdessen die Spannungen zwischen Athleten und Verbandsspitze an. Ein einberufener Expertenrat trägt nach Einschätzung von Johannesen bisher wenig zur Problemlösung bei. „Das alleine ist eine Farce, weil dort Leute drinsitzen, die im Fokus der Kritik stehen. Die kontrollieren sich quasi selbst“, sagte der 27 Jahre alte Hamburger den Ruhr Nachrichten.

Schlagmann Johannesen: Vertrauen in Verband verloren

Der Verband hatte Konsequenzen aus dem schwachen Abschneiden bei der heimischen EM in München und dem wachsenden Unmut von Sportlern gezogen. Ein aus ehemaligen erfolgreichen Athleten, einem Sportwissenschaftler und Funktionären bestehender Expertenrat soll die Ergebnisse der vergangenen Jahre analysieren und bis zum außerordentlichen Rudertag Ende Oktober Lösungen erarbeiten. Darüber hinaus ist die Erstellung eines neuen ganzheitlichen Konzepts zur Förderung des Spitzensports sowie die Herausarbeitung von Kernwerten zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Sportlern, Trainern und Funktionären vorgesehen.

Johannesen forderte konsequenteres Vorgehen: „Man verliert das Vertrauen in den Verband, weil viel angekündigt, aber nichts umgesetzt wird. Es wird immer nur Leistung verlangt, ohne dass wir Werkzeuge bekommen, das auch umzusetzen. Wir Sportler brauchen einen Plan, wie wir in die internationale Spitze zurückkommen.“ Vor Johannesen hatten bereits Einer-Fahrer Oliver Zeidler und dessen Schwester Marie-Sophie Zeidler mit deutlichen Worten ihren Unmut bekundet und auf die seit Jahren nachlassende Konkurrenzfähigkeit der DRV-Flotte verwiesen.