„Der Verein ist implodiert“: Turbine Potsdam kämpft gegen den Absturz

Früher Champions-League-Sieger, jetzt Abstiegskandidat. Der Traditionsverein Turbine Potsdam bangt in der Frauen-Bundesliga um den Klassenerhalt.

Das Team von Turbine Potsdam steht nach der Winterpause vor einem schwierigen Start in schwierige Monate. 
Das Team von Turbine Potsdam steht nach der Winterpause vor einem schwierigen Start in schwierige Monate. Andras Gora/dpa

Einst reckten die Fußballerinnen von Turbine Potsdam Meisterschalen und Champions-League-Trophäen in die Höhe, eilten unter der Trainerlegende Bernd Schröder von Erfolg zu Erfolg – doch jetzt droht der Super-GAU. Trainer weg, Präsident weg, zahlreiche Spielerinnen geflüchtet – der Traditionsverein ist ans Tabellenende abgestürzt: Der Abstieg droht.

Nur ein Punkt aus zehn Spielen, dazu das Aus im Pokal-Achtelfinale: In einem Verein, der jahrelang erfolgsverwöhnt war, herrschte erst mal „eine Schockstarre“, wie Turbine-Präsident Karsten Ritter-Lang sagt. Nicht über ein Abstiegsszenario nachzudenken, „wäre mehr als realitätsfern“.

Turbulenzen bei Turbine im Frühjahr und Sommer

Auch wenn die glorreichen Zeiten schon länger zurückliegen, war so etwas in der vergangenen Saison kaum vorstellbar. Nur knapp verpasste der sechsmalige Meister die Champions-League-Qualifikation, auch in den Jahren zuvor hatte sich Turbine meist unter die Top vier gemischt.

Wie es so weit kommen konnte? „Es war eine schwierige Situation nach den ganzen Turbulenzen im Frühjahr und Sommer“, sagt Ritter-Lang, der seit November im Amt ist. So wurde im Juni, nur ein halbes Jahr nach der vorzeitigen Vertragsverlängerung, die Zusammenarbeit mit Trainer Sofian Chahed beendet. Dies habe zu „Irritationen“ geführt. Fünf Tage später trat der damalige Präsident Rolf Kutzmutz zurück, der sich „nicht mehr in der Lage“ sah, „für den Verein in verantwortlicher Position Positives zu bewirken“.

Ein Großteil des Kaders verließ den Verein daraufhin, offensichtlich hätten die Spielerinnen „keine profunde Zukunft bei Turbine gesehen“, meint Ritter-Lang. Hinzu seien viele Verletzte unter Chaheds Nachfolger Sebastian Middeke gekommen. Die Belastungssteuerung sei „leider in den Sommermonaten bis in den Oktober hinein nur mäßig berücksichtigt worden“. Auch deshalb habe man mit Middeke nicht weitermachen können. Seit November leitet Interimstrainer Sven Weigang die Mission Klassenerhalt.

„Der Verein ist implodiert“, sagte Ritter-Lang. Und das in einem Umfeld, in dem sich der dreimalige Pokalsieger zunehmend mit Klubs messen muss, die unter dem Dach von Männer-Bundesligisten agieren. Neben Potsdam ist mit der SGS Essen nur noch ein weiterer reiner Frauenfußball-Verein in der obersten Spielklasse vertreten. Seit dem letzten Potsdamer Triumph 2012 hieß der deutsche Meister entweder VfL Wolfsburg oder Bayern München, in der 2. Liga drängt RB Leipzig nach oben. Das Thema Abstieg schwebt vor dem Liga-Restart am Sonntag (13 Uhr/Magenta Sport) gegen Bayern über dem Klub.