Es ist oft nicht so leicht, brenzlige Situationen zu verbergen. Auch nicht für Trainer. Dass die Füchse Berlin am Sonntag den Tabellenführer der Handball-Bundesliga zwischenzeitlich ordentlich in Bedrängnis brachten, war am Vier-Tore-Rückstand des SC Magdeburg abzulesen. Aber auch an Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert, der an der Seitenlinie beinahe die Kuppe seines linken Zeigefingers abknabberte.
Letztlich aber verpasste der Tabellendritte aus Berlin bei der 27:28 (14:14)-Niederlage im Spitzenspiel eine große Chance im Titelrennen. Außerdem mussten die Berliner auch einen Rückschlag im Kampf um einen Champions-League-Platz einstecken. Damit rutschen die Füchse auf Platz vier ab. Bester Berliner Werfer war der überragende Hans Lindberg mit 13 Toren. „Wir machen über lange Strecken ein sehr, sehr gutes Spiel, führen 25:21 und dann verlieren wir 2:7 die letzten acht Minuten. Das ist katastrophal“, sagte der Däne am Ende enttäuscht. Füchse-Sportvorstand Stefan Kretzschmar fügte an: „Die Zuschauer haben ein tolles Spiel gesehen, aber wir haben null Punkte, deshalb sind wir sehr niedergeschlagen.“
Remis zwischen Berlin und Magdeburg zur Pause
Trainer Jaron Siewert hatte kurzfristig auf Kreisläufer Igor Vori verzichten müssen, dafür war der 20-jährige Jann Keno Jacobs dabei. Er hatte gleich gut zu tun, denn die Berliner suchten oft den Weg über den Kreis und holten so einige Siebenmeter heraus, die Lindberg verwandelte. Der 40-Jährige markierte die ersten vier Tore seines Teams.
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Mit gutem Rückzugsverhalten konnten die Füchse das schnelle Tempospiel Magdeburgs zunächst unterbinden. Nach zehn Minuten gingen sie erstmalig in Führung (5:4), nach knapp 20 Minuten wuchs der Vorsprung auf drei Tore an (11:8). Doch danach häuften sich die Fehler und den Gastgebern gelang es nun, die Berliner Deckung mehr auseinanderzuziehen. So ging es mit einem Remis in die Pause.
Ein paar schlechte Entscheidungen der Berliner am Schluss
Nach dem Seitenwechsel holten sich die Füchse aber die Führung zurück. Vor allem Keeper Dejan Milosavljev war es nun, der sein Team mit starken Paraden vorn hielt. Knapp zehn Minuten vor dem Ende führten die Füchse mit vier Toren (25:21). Doch in der Schlussphase, analysierte Lindberg, „haben wir in der Abwehr unsere Sachen nicht so gemacht, wie wir wollten“, dazu seien ein paar schlechte Würfe gekommen, ein paar schlechte Entscheidungen.
„Bis zum 25:22 machen wir vieles richtig, dann verlieren wir mit ein paar Würfen, die wir nicht im Tor unterbringen, vorne die Sicherheit. Hinten schaffen wir es in den letzten zehn Minuten nicht, die Lücken zu schließen. Wir lassen zu viele Durchbrüche im Zentrum zu und dadurch ist es für Magdeburg gekippt. Das müssen wir uns vorwerfen“, analysierte Füchse-Coach Siewert.
55 Sekunden vor Ende traf Gisli Kristjansson zum 28:27. Eigentlich blieb genug Zeit für die Füchse, um wenigstens noch einen Punkt aus Magdeburg mitzunehmen. Die mehr als 6000 Zuschauer machten Radau, reklamierten Zeitspiel. Die Füchse wirkten in diesen letzten Sekunden überhastet. Lasse Andersson scheiterte mit seinem Wurf an Magdeburgs Klassetorhüter Jannick Green. Lindberg blickte verzweifelt zur Videotafel, dann zuckte er mit den Schultern. Nichts mehr zu machen, das wusste er.
SC Magdeburg sechs Punkte vor Kiel, acht vor den Füchsen Berlin
„Die Partie war eng und ausgeglichen wie erwartet. Es war echt richtig gut über 58 Minuten. Als wir einmal mit drei, vier Toren geführt haben, müssen wir den Vorsprung länger halten, cleverer agieren. Zum Schluss werfen wir es ein bisschen zu leicht weg“, resümierte Füchse-Profi Paul Drux. Damit liegt der SC Magdeburg weiter sechs Punkte vor Verfolger THW Kiel und nun acht vor den Füchsen Berlin. Eine Woche nach dem verlorenen Pokalfinale gegen Kiel war der Sieg des SCM ein mental wichtiges Zeichen.
„Was für ein Wechselbad der Gefühle. Das muss ich erst mal verarbeiten. Ich kann meiner Mannschaft nur Riesenkomplimente machen, dass wir nicht aufgesteckt haben. Wir haben an uns geglaubt, sind nicht nervös geworden“, sagte Trainer Wiegert. „Dass das zum Schluss Matchglück ist, das ist mir schon bewusst. Das Pendel kann in beide Seiten ausschlagen. Berlin hätte mindestens einen Punkt verdient gehabt.“