Katar-Talk im Sportausschuss: Politiker fragen, Rudi Völler antwortet

DFB-Chef Neuendorf und Sportdirektor Völler werden im Sportausschuss zum WM-Scheitern befragt. Neue Erkenntnisse bringt die Fragerunde nicht.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Sportdirektor Rudi Völler (v.l.) nahmen an der Sitzung des Sportausschusses des Bundestags teil.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Sportdirektor Rudi Völler (v.l.) nahmen an der Sitzung des Sportausschusses des Bundestags teil.Britta Pedersen/dpa

Rudi Völler bestellte schöne Grüße von Hansi Flick und scheute kein Rede-Duell mit den Politikern. Bei seinen Ausführungen zur Aufarbeitung des Scheiterns der Fußballnationalmannschaft bei der WM in Katar vor dem Sportausschuss des Bundestages hat der neue DFB-Sportdirektor den Parlamentariern auch Hoffnungen auf eine erfolgreiche Heim-EM im Sommer 2024 gemacht. „Erst mal versuchen wir die Leute zurückzugewinnen und dann versuchen wir es bei der Europameisterschaft“, sagte Völler am Mittwoch in Berlin.

Den EM-Titel versprechen wollte der Weltmeister von 1990 aber nicht. Und: „Dunkle Wolken“ über dem deutschen Fußball wollte Völler auch nicht verschweigen. Vier, fünf, sechs Jahre habe man noch „tolle Jungs“. Danach könnte es schwierig werden.

Bohrende Fragen zur One-Love-Binde

Noch schwieriger? Thema der Sitzung im Machtzentrum war primär das Katar-Scheitern vor gut zwei Monaten, und neben Völler musste sich vor allem DFB-Präsident Bernd Neuendorf, als ehemaliger SPD-Staatssekretär ein Politikprofi, bohrenden Fragen zum früh beendeten Auftritt der Flick-Elf am Golf stellen. Das Sportliche war eine Sache. Aber das sportpolitische Debakel um die One-Love-Binde war von nicht geringerem Interesse der Politiker.

Volles Haus, vermeldete eine Bundestagsmitarbeiterin. Auch der für Gäste reservierte halbe Sitzkreis auf dem Balkon über dem Sitzungssaal war rappelvoll. Manch Parlamentarier nutzte die Gelegenheit zu einem Fanfoto mit Völler. Schon mit den Fragen wurde von fast allen Fraktionen das eingeräumte Zeitlimit überschritten. Es ging eben auch um Parteimeinung und Parteiinteressen. Der Fußball war mal wieder das Vehikel.

Die Diskussion um das One-Love-Motiv auf Manuel Neuers Kapitänsbinde nahm breiten Raum ein. Wie auch die Fragen nach der Entscheidung, die zur Mund-zu-Geste beim Teamfoto gegen Japan (1:2) führte. Ausführlich ging Neuendorf auf das Dilemma um das kurzfristige Fifa-Verbot der Binde ein. „Wir waren in der Situation, dass wir nicht wussten, wie weit würde das Strafmaß gehen“, berichtete der DFB-Boss über die Ausgangslage vor dem in der Öffentlichkeit harsch kritisierten Verzicht auf die symbolträchtige Binde nach einem Fifa-Machtwort.

„Da war schon eine gewisse Dramatik drin. Wir hatten wenig Zeit und mussten handeln. Für meine Begriffe war die Fifa der Auslöser der Situation“, sagte Neuendorf. Dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Binde auf der Tribüne beim Spiel gegen Japan getragen habe, sei ihre Entscheidung gewesen. „Sie hat alleine und selbstständig die Entscheidung gefällt“, sagte Neuendorf.

Völler erklärte seine später geäußerte Faeser-Kritik. Sein Bauchgefühl habe ihm vor dem TV gesagt, dass das nicht gut war. „Ich möchte nicht, dass meine Innenministerin vorgeführt wird“, spielte Völler auf Fotos von Faeser mit Fifa-Chef Gianni Infantino an. Ob man den in Deutschland ungeliebten Fifa-Boss im März wiederwählen werde, ließ Neuendorf später weiter offen. Der Deutsche Fußball-Bund hat noch keine Entscheidung über seine Stimmabgabe getroffen. „Eine Nominierung des DFB hat es nicht gegeben. Wir werden zeitnah vor dem Kongress in Kigali abschließend beraten, ob wir ihm die Stimme geben oder nicht“, sagte Neuendorf.

211 nationale Verbände gehören dem Weltverband an. Infantino war laut Neuendorf von mehr als 200 davon für eine Amtsfortführung nominiert worden. Ein Votum für Infantino will Neuendorf auch davon abhängig machen, ob die Fifa die Versprechungen zur Einführung eines Fonds für geschädigte WM-Arbeiter in Katar umsetzt. Einen eigenen Kandidaten zu nominieren, hätte wegen der Machtverhältnisse keinen Sinn ergeben.

Als der AfD-Politiker Jörn König die One-Love-Binde im Verlauf der Veranstaltung indirekt mit einer Hakenkreuzbinde verglich, schritt Völler ein. „Da haben Sie zu dick aufgetragen“, monierte Völler, seine Augen funkelten dabei ziemlich böse.

Rudi Völler ist optimistisch

Wegen des Zeitlimits durfte Völler in „aller Kürze“ zur sportlichen Perspektive Stellung beziehen. „Es wird nicht einfach, aber ich bin optimistisch“, war die Quintessenz der Ausführung des Nachfolgers von Oliver Bierhoff für die EM-Perspektive. Es müssten sich alle „ein bisschen zusammenraufen“.

Staunend verfolgte Völler die Politikerdebatten um die Zeitquoten im Ausschuss. „Vom Fußball kenne ich das nicht“, sagte der Ex-Teamchef. „Da quasselt immer jeder, so viel wie er will.“ Als die Zeit rum war und Neuendorf noch im Menschenrechtsausschuss erwartet wurde, bot Völler an, noch für weitere Fragen zu bleiben, sofern ein Heißgetränk serviert werde. „Es gibt hier ja nicht mal einen Kaffee.“