Hertha BSC: Ein Triumvirat, wie es Fußball-Deutschland noch nicht gesehen hat
Die Führungsriege mit Neu-Präsident Bernstein, Sportvorstand Bobic und Investor Windhorst könnte bei einem Schulterschluss zum Glücksfall für die Hertha werden.

Kay Bernstein ist als ein ehemaliger Ultra, der von den Mitgliedern eines bedeutenden Profiklubs zum Präsidenten gewählt wurde, der Erste seiner Art. Was zur Folge hat, dass der 41-jährige Berliner über die Grenzen Deutschlands hinaus plötzlich eine der interessantesten Figuren im europäischen Klubfußball ist und deshalb mit seinem Wirken unter besonderer Beobachtung steht.
Kann das Kind aus der Ostkurve des Olympiastadions Beispiel geben, wie man einen in sich zerstrittenen Verein befriedet, aber gleichzeitig auch die richtigen Impulse für eine erfolgreiche Zukunft setzt? Hat der neue Boss von Hertha BSC sogar das Zeug zum Pionier? Es ist ja nicht so, dass es unter den Ultras dieser Welt womöglich nur den einen fähigen Präsidentschaftskandidaten gibt.
Ein Schulterschluss der Entscheidungsträger ist notwendig
Klingt nach sehr viel Druck für Bernstein – und ist es auch. Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass er ab sofort zwar tatsächlich der mächtigste Mann im Klub ist, aber aufgrund der jüngsten Entwicklungen zwei weitere doch ziemlich machtbewusste Männer als Entscheidungsträger mit an seiner Seite haben wird.
Zum einen Fredi Bobic, der als Geschäftsführer der Profiabteilung, also der Hertha BSC GmbH und Co. KGaA, sowohl intern als auch extern auf so charmante wie unmissverständliche Art zuletzt seinen Führungsanspruch geltend gemacht hat. Zum anderen Lars Windhorst, der letztendlich Bernsteins überforderten Vorgänger Werner Gegenbauer zu Fall brachte und unter der Bedingung, dass er da und dort auch ein Wörtchen mitreden darf, nach einer Kapitaleinlage von bis dato 374 Millionen Euro noch mehr Geld in den Verein pumpen will.
Ein Triumvirat ist das, wie es Fußball-Deutschland noch nicht gesehen hat. Ein Triumvirat, das auf den ersten Blick aufgrund seiner Diversität jede Menge Konfliktpotenzial in sich trägt, aber bei genauerer Betrachtung im Besonderen wegen dieser Diversität zum Glücksfall für den über Jahre hinweg dilettantisch geführten Traditionsklub werden könnte. Ein Schulterschluss der drei ist dafür natürlich die Grundvoraussetzung.
Vielleicht kann endlich mal von Heimvorteil die Rede sein
Bernstein, der sich in den vergangenen Jahren vom mitunter wütenden Extrem-Fan zum erfolgreichen und gut beleumundeten Unternehmer gemausert hat, wird jedenfalls keine Mühe haben, schon mal die Stimmung unter den Anhängern der Blau-Weißen ins Positive zu drehen. Was vor allen Dingen für die Profis von Vorteil, für das eine oder andere Kadermitglied gar eine neue Erfahrung sein wird. Vielleicht kann deshalb im Zusammenhang mit Hertha BSC in der kommenden Saison in der Tat mal wieder von einem Heimvorteil die Rede sein.
Doch damit nicht genug. Bernstein wird den ewig widerspenstigen Teil der Ultras davon überzeugen müssen, dass ein Neubau eines Stadions ein substanzielles Muss ist. Dass ein Verbleib im Olympiastadion im Hinblick auf die Entwicklung des Klubs ein unheilvolles Handicap darstellen würde. Im Großen, also beispielsweise bei der Vermarktung, wie auch im Kleinen, also auch bei der Akquise von neuen Spielern.
Bernstein wird allerdings auch als Funktionär im Kreis der anderen Klubpräsidenten gefordert sein, wird sich dabei schon bald mit der immer wiederkehrenden Frage nach der 50+1-Regel konfrontiert sehen. Beim FC Bayern ist man jedenfalls inzwischen überzeugt, dass die Bundesliga mit dieser im Statut der Deutschen Fußball-Liga (DFL) verankerten Vorschrift im Wettbewerb mit der europäischen Konkurrenz auf Dauer keine Chance hat.
Und Bernstein? Der hält freilich noch an seiner Überzeugung fest, dass diese Regel keinesfalls gekippt werden darf, obschon die Abkehr von diesem selbst auferlegten Zwang im Besonderen für Hertha BSC von Vorteil sein dürfte. Allein schon im Hinblick darauf, dass man künftig nicht mehr nur von einem Geldgeber abhängig wäre, dass man zudem Unternehmen für die eigene Sache gewinnen könnte, die mit ihrem positiven Image auch auf das Image von Hertha BSC abfärbten. Bernstein ist mit seinem Hintergrund auf jeden Fall der Einzige, der auch dies den Fans vermitteln könnte.
Schlussendlich darf unter all diesen Gesichtspunkten schon mal Folgendes festgehalten werden: Bernstein ist die bessere Wahl als sein Gegenkandidat Frank Steffel. Steffel gleich Stillstand, Bernstein gleich Bewegung.