Vor dem Duell mit Ex-Klub FC Augsburg: Marco Richter blüht bei Hertha BSC auf

Der Offensivspieler ist der größte Gewinner der Systemumstellung von Trainer Sandro Schwarz. Gegen seinen Heimatverein zählt für Richter nur ein Sieg.

Offensiv, aber auch defensiv derzeit eine tragende Säule bei Hertha BSC: Marco Richter (l.).
Offensiv, aber auch defensiv derzeit eine tragende Säule bei Hertha BSC: Marco Richter (l.).Ina Fassbender/AFP

Es war eine Szene, die für ein Moment vergessen ließ, dass Hertha BSC dieser Tage mitten im Abstiegskampf steckt: 62 Minuten waren am vergangenen Sonntag gegen Borussia Dortmund gespielt, als Marco Richter den Ball auf dem rechten Flügel sehenswert per Grätsche vor dem Aus und zu Tolcay Cigerci rettete. Postwendend bekam Richter den Ball wieder, legte ihn in vollem Lauf mit dem ersten Kontakt und der rechten Hacke hinter dem linken Fuß entlang, ehe er anschließend einen starken Ball über die komplette Breite des Platzes auf die linke Seite schlug.

Es sind auch, aber nicht ausschließlich, Szenen wie diese, die Marco Richter in den vergangenen Spielen zu einem der auffälligsten Herthaner machten. Ziemlich genau ein halbes Jahr, nachdem er sein Comeback von einer Hodenkrebs-Erkrankung gefeiert hat, ist Richter dabei auch ein Profiteur des neuen Spielsystems bei der Alten Dame. Mit guten Leistungen verdrängte er in diesem zuletzt immerhin Dodi Lukebakio von dessen rechter Außenbahn. So dürfte Marco Richter auch am kommenden Sonnabend wieder wichtig für die Hertha werden – im Duell mit seinem Ex-Klub FC Augsburg (15.30 Uhr, Olympiastadion).

Vom FC Bayern München in das Nachwuchsprogramm des FC Augsburg

Wenngleich die Partie der Berliner gegen die Bayern am Sonnabend „nur“ ein Heimspiel ist, Marco Richter also keine Reise in die Heimat beschert, dürfte es dennoch ein besonderes Spiel für den 25-Jährigen werden. Richters Geburtsstadt Friedberg ist so etwas wie das Erkner Berlins: Verlässt man das 30.000 Einwohner beheimatende Friedberg gen Westen, ist man auch schon im Osten Augsburgs. Dass Marco Richter, wenn auch erst nach einem achtjährigen Ausflug in die Jugend des FC Bayern, mit 14 im Nachwuchsprogramm des FC Augsburg landete, war also kaum überraschend.

Mehr noch: Im Oktober 2017 feierte Richter im Augsburger Trikot sein Bundesliga-Debüt. Weitere 96 Ligaspiele mit dem Heimatklub folgten, ehe es Richter im Sommer 2021 an die Spree zu Hertha BSC zog. Dort hat Richter seitdem in gleich zweifacher Hinsicht wechselhafte Zeiten erlebt: Zum einen, weil es bei der Hertha in den vergangenen anderthalb Jahren auf und neben dem Platz allgemein turbulent zuging. Zum anderen, weil Richter dabei – je nach Bedarf – mal links, mal rechts, mal etwas offensiver, mal etwas defensiver aufgestellt wurde. Nur eines war er bis vor kurzem eher nicht: der Alleinunterhalter auf der rechten Außenbahn.

Marco Richter war bei den Fans nach dem Training in dieser Woche ein gefragter Spieler.
Marco Richter war bei den Fans nach dem Training in dieser Woche ein gefragter Spieler.Moritz Eden/City-Press

„Für mich persönlich ist das etwas ganz Neues“, kommentierte Marco Richter seine neue Rolle im neuen 3-5-2-System von Trainer Sandro Schwarz nach dem Dortmund-Spiel am Dazn-Mikrofon. Allerdings nicht, ohne hinzuzufügen: „Aber ich fühle mich sehr wohl.“ Müsste man Richter für die vergangenen zwei Spiele gegen die beiden Borussias ein Prädikat aussprechen, könnte dies kurz und knapp „Sehr gut“ heißen.

Sowohl beim 4:1-Sieg gegen Mönchengladbach als auch bei der Niederlage gegen Dortmund zeigte sich Richter stark, war offensiv wie defensiv umtriebig. Beim Bespielen der rechten Außenbahn investierte er kontinuierlich viel Laufarbeit und zeigte sich bissig in den Zweikämpfen. Als Richter nach dem Spiel sagte: „Wir haben wirklich alles rausgehauen, uns in jeden Zweikampf geworfen“, konnte man es ihm mühelos glauben.

Marco Richter belebt die Offensive von Hertha BSC

Hinzukommt, dass Richter insbesondere gegen Dortmund die gute Hertha-Phase zu Beginn der zweiten Halbzeit auch spielerisch maßgeblich mitprägte. Wenngleich auch er natürlich nicht fehlerfrei spielte, so belebte er die Berliner Offensive mit seiner Kreativität doch spürbar. Eine ganze Reihe technisch ansehnlicher Aktionen ließen es einen zeitweise fast vergessen, dass mit Dodi Lukebakio Herthas wohl bester Offensivspieler und unangefochtener Top-Torjäger die ersten knapp 70 Minuten auf der Bank saß. Dazu gingen fünf der 16 Torschüsse der Hertha auf Richters Konto.

Schlussendlich konnte aber auch er nicht verhindern, dass es die nächste Niederlage für die im Abstiegskampf steckende Mannschaft von Trainer Schwarz setzte. Diese war zwar zu erwarten gewesen, steigert die Bedeutung des nun anstehenden Spiels gegen den FC Augsburg allerdings noch einmal. Die Berliner müssen im eigenen Stadion mit gleicher Einstellung und physischer Intensität wie in den vergangenen Partien auftreten sowie die offensive Effizienz steigern, um drei Punkte einzufahren. Auch Richter sprach so direkt im Anschluss an das Dortmund-Spiel angesichts der Tabellensituation – Hertha ist mit 17 Zählern Vorletzter, Augsburg mit 24 Punkten 13. – von einem „Sechs-Punkte-Spiel“ und ergänzte: „Das müssen wir gewinnen, und dann sieht die Welt hoffentlich schon wieder anders aus.“