Hertha BSC: Künftige Ausrichtung braucht mehr als Erfahrung von Boateng und Co.
Fünf Spieler von Hertha BSC im Relegationsrückspiel gegen den HSV waren mindestens 30 Jahre alt. Für manch einen könnte es der letzte Tanz gewesen sein.

Dedryck Boyata lag emotional und körperlich entkräftet am Boden, Marvin Plattenhardt fand nicht mal mehr die Kraft, um sich während der letzten Minuten des Relegationsrückspiels in Hamburg von der Ersatzbank zu erheben. Und selbst Kevin-Prince Boateng sprach nach dem 2:0-Sieg von Hertha BSC davon, dass er vielleicht zwei, drei Bier auf den Klassenerhalt trinken, dann aber nach Hause gehen werde, da er nach einem anstrengenden Jahr relaxen müsse. Die personelle Aufstellung der Mannschaft hatte er im Vorfeld übernommen, wie er nach dem Spiel erzählte und Trainer Felix Magath bestätigte. „Er hat mir freie Hand gegeben, er hat mich gefragt, wen siehst du besser auf welcher Position“, sagte Boateng.
Hertha BSC ist vergleichbar mit Michael Jordans Chicago Bulls
Der 35-Jährige hatte sich für Erfahrung an seiner Seite entschieden. Mit ihm, Marvin Plattenhardt, Dedryck Boyata, Peter Pekarik und Stevan Jovetic standen fünf Spieler in der Startelf, die die 30 Jahre bereits geknackt haben. Dazu mit Felix Magath ein 68-jähriger Trainer, der schon viel erlebt hat – es ähnelte irgendwie den Bildern aus „The Last Dance“, jener Dokumentation der NBA-Meistermannschaft der Chicago Bulls um Michael Jordan von 1996, die sich trotz aller Widrigkeiten, körperlicher Gebrechen und Störgeräusche im Umfeld des Vereins noch einmal aufrappelten, um etwas Großes zu schaffen.
Nun ist der Meistertitel in der nordamerikanischen Profi-Basketballliga mitnichten mit dem Klassenerhalt von Hertha BSC zu vergleichen. Boateng empfand die Situation nach einem auch für ihn nicht immer einfachen Jahr so, „als wären wir Meister“. „Das hatte ich nicht einmal, als ich Meister geworden bin“, sagte er über seine Glücksgefühle nach dem Abpfiff im Hamburger Volksparkstadion. In seinem 19. Saisonspiel für Hertha BSC, dem neunten in der Startelf, hatte nicht nur er entscheidenden Anteil am Erfolg. Dedryck Boyata war in der Abwehr der Fels in der Brandung und Marvin Plattenhardt der Mann, der den Eckball zum 1:0 trat und das 2:0 mit einem listigen Freistoß gar selbst erzielte.
Marvin Plattenhardt wächst über sich hinaus
Dass Plattenhardt körperlich überhaupt zu solch einer Leistung in der Lage war, hatte wiederum mit dem erfahrenen Werner Leuthard (60) zu tun, den Magath für seine Rettungsmission nach Berlin holte und den er lobte. Für Trainer-Guru Magath endete die Zusammenarbeit mit Hertha direkt nach Schlusspfiff. Plattenhardt, Jovetic (beide bis 2023) und Boyata (bis 2024) haben noch einen gültigen Vertrag. Und Kevin-Prince Boateng? Der überlegt, ob er noch weitermacht. „Klar, ich habe noch Lust. Ich bin gut drauf, auch wenn man es nicht immer gesehen hat, ich war wieder da, genau wenn es drauf ankommt, bin ich wieder da“, sagte er. Wohlwissend, dass Hertha BSC künftig mehr braucht als die Erfahrung von Spielern jenseits der 30 in ihrem vermeintlich letzten Tanz.