Hertha BSC: Lars Windhorst stellt neues Geld in Aussicht - und stellt Bedingung

Eine Woche nach dem Rücktritt von Präsident Werner Gegenbauer tritt auch sein Stellvertreter Thorsten Manske zurück. Manager Fredi Bobic gesteht Fehler ein.

Unternehmer Lars Windhorst (r.) und Fredi Bobic, Geschäftsführer Sport bei Hertha BSC, werden sich bemühen müssen, gut miteinander auszukommen.
Unternehmer Lars Windhorst (r.) und Fredi Bobic, Geschäftsführer Sport bei Hertha BSC, werden sich bemühen müssen, gut miteinander auszukommen.dpa/Sören Stache

Für das erste Statement auf der Mitgliederversammlung von Hertha BSC sorgten die Mitglieder des Vereins schon, da hatte diese noch gar nicht begonnen. Unübersehbar hing das große blau-weiße Banner links neben dem Eingang zur Messehalle. Die knappe, aber umso unmissverständlichere Aufschrift in schwarzen Großbuchstaben: „Windhorst raus“.

Die Personalie Lars Windhorst war einer der Gründe dafür, dass die Mitgliederversammlung von Hertha am Sonntag eine mit Spannung erwartete war. Erstmals wollte der umstrittene Investor dort direkt zu Herthas Anhängern sprechen. Es sollte ein Auftritt werden, der für Windhorsts Umstrittenheit stand. Aber auch sonst gab es am Sonntag bei Hertha viel Redebedarf. Eine Woche nach dem Klassenerhalt in der Relegation wurde viel diskutiert. Mit Folgen: Nach dem Rücktritt von Präsident Werner Gegenbauer legte auch dessen Stellvertreter Thorsten Manske sein Amt nieder.

Hertha und die Probleme mit der Kommunikation

Manske war es auch, der am Sonntag früh für einen Lacher sorgte: So wünschte er sich in seiner Begrüßungsrede vor den knapp 2.750 anwesenden Mitgliedern einen „respektlosen Umgang“ miteinander. Einiges Gelächter später korrigierte Manske das „respektlos“ zu einem „respektvoll“.

Dass die Kommunikation bei der Hertha aktuell so eine Sache ist, offenbarte dann Tagesordnungspunkt fünf, der „Bericht des Aufsichtsrates“. In dem berichtete dessen Vorsitzender Torsten-Jörn Klein von einer Funkstille zwischen Aufsichtsrat und Ex-Präsident Gegenbauer seit März – ausgelöst durch Kritik am öffentlichen Machtkampf mit Investor Windhorst. Eine Aussage, die ins Bild der fragmentierten Hertha-Führung passt, das in den vergangenen Monaten entstanden ist.

Die Unzufriedenheit der Hertha-Anhänger mit den Verantwortlichen ihres Klubs wurde am Sonntag dann nicht nur in Pfiffen hörbar, sondern vor allem auch in zahlreichen Abwahlanträgen lesbar. Das gesamte Präsidium musste sich solchen stellen, sich dabei viel laute Kritik anhören. Etwa die des Mitantragstellers Heinz Troschitz, der Thorsten Manske in einer emotionalen Rede unter viel Jubel vorwarf: „Sie haben den damaligen Präsidenten so weitermachen lassen, wie in den letzten 14 Jahren. Das war ein großer Fehler.“

Auch Manske selbst gestand Fehler ein. Die Idee eines kollektiven Rücktritts hätte das Präsidium diskutiert, aber dennoch verworfen. Bei der Diskussion zu seinem Abwahlantrag bat Manske folglich darum, im Amt bleiben und die Erkenntnisse aus besagten Fehlern umsetzen zu dürfen. Dass er kurz darauf ergänzte: „Mir und uns geht es nicht um Machterhalt“, brachte ihm abermals laute Pfiffe ein. Auch, weil die Statements der einzelnen Präsidiumsmitglieder teils durchaus wie Versuche klangen, den eigenen Einfluss im Präsidium zu erhalten.

Thorsten Manske tritt mit sofortiger Wirkung zurück

Aber auch unter den Hertha-Anhängern wurden am Sonntag widersprüchliche Meinungen und Einstellungen deutlich. Die Unzufriedenheit und den Wunsch nach Veränderung war Konsens, die Frage nach dem ‚Wie‘ hingegen wurde unterschiedlich beantwortet. Während einige an den beiden im Saal aufgestellten Mikrofonen für eine unmittelbare Abwahl aller Präsidiumsmitglieder plädierten, sorgten sich andere mit Blick auf dieses Szenario um die Handlungsfähigkeit ihres Klubs.

Schlussendlich wurde keines der Mitglieder des Präsidiums direkt abgewählt. 75 Prozent hätten bei den jeweiligen Abstimmungen dafür votieren müssen. Mit 64,2 Prozent sprachen sich im Fall Thorsten Manske die meisten Mitglieder für eine Abwahl aus. Ein Zeichen mit Effekt: „Ich trete mit sofortiger Wirkung zurück“, erklärte Manske umgehend, ehe er ergänzte: „Ohne Ihr Vertrauen stehe ich nicht mehr zur Verfügung.“ Die große Mehrheit der Hertha-Anhänger klatschte Beifall und der nun ehemalige stellvertretende Präsident verließ die Bühne.

Der Rest des Hertha-Präsidiums hingegen sah als nächstes Fredi Bobic ans Rednerpult treten. Begleitet wurde der Geschäftsführer Sport von viel Applaus, aber auch Pfiffen. Bobic sagte: „Ich fühle mich nach einem Tag wie heute schuldig.“ Auch er persönlich habe Fehler gemacht und „nicht geliefert“, ergänzte der Geschäftsführer Sport. Und doch gelang es Bobic, die Hertha-Fans mit seiner freien Rede größtenteils hinter sich bringen. Etwa, indem er mit Charme von seiner Kontaktaufnahme zu Felix Magath erzählte, aber auch durch Sätze wie: „Am Ende des Tages geht es nur gemeinsam und nicht gegeneinander, sonst zerfleischen wir uns gegenseitig.“ So hallte bei Bobics Abgang vom Rednerpult noch mehr Applaus als zuvor durch den Saal, aber keine Pfiffe mehr.

Der zum Oktober scheidende Finanzchef Ingo Schiller bekam wenig später gar Standing Ovations. Zuvor hatte Schiller detailliert darüber informiert, wie Hertha die Windhorst-Millionen investiert hat. Das Gros floss dabei in Transfers, die Kompensation von Corona bedingten Verlusten sowie den Ausgleich anderer Verbindlichkeiten. Die Planung für die Saison 2022/23 sieht einen Verlust von knapp 50 Millionen Euro vor. Denn Hertha plant mit Erträgen in Höhe von 126,2 Millionen Euro und Ausgaben in Höhe von 174,0 Millionen Euro (Personalaufwand: 85,3 Millionen Euro).

Pfiffe und Buh-Rufe gegen Lars Windhorst

Lars Windhorst sprach bei seiner Rede am späten Nachmittag ebenfalls von Verbindlichkeit. Dabei hatte es der Investor begleitet von „Windhorst raus“-Rufen und Pfiffen zunächst schwer, überhaupt zu Wort zu kommen. Als ihm das einmal gelungen war, sagte er unter anderem: „Ich gehe nicht weg. Ich bin dabei für die nächsten zehn, zwanzig Jahre.“ Insgesamt war Windhorsts Auftritt geprägt von einer Mischung aus Rechtfertigungen, provozierenden Worten in Richtung der protestierenden Ultras im Saal, aber auch von Bekenntnissen und dem Wunsch nach besserer Kommunikation im Klub.

So sagte Windhorst: „Mir geht es nicht darum, mitzuentscheiden, aber ich möchte mitdiskutieren“ und stellte bei einem konsequenten Neuanfang gar weitere Investitionen in Aussicht. Gleichzeitig zog er kurz darauf erneut den Zorn des Saales auf sich, als ihm der Name des vermeintlich neuen Hertha-Trainers Sandro Schwarz nicht einfiel. Und so wurde auch das Ende der Rede von Lars Windhorst von einer lauten Mischung aus Applaus und Protesten begleitet.

Es war eine Reaktion, die einmal mehr eine der Hauptaufgaben der Hertha-Verantwortlichen während des Umbruchs verdeutlichte: das Anhören der Anhänger und das Ernst nehmen ihrer Bedürfnisse. Die nächste Chance hierfür: Die außerordentliche Mitgliederversammlung am 26. Juni, bei der dann ein neuer Präsident gewählt wird.