Berlin-Die Mannschaft von Hertha BSC, dieses sündhaft teure, an sich für das Ziel Europa zusammengestellte Ensemble, kann also doch Abstiegskampf. Das hat sich am Sonntagnachmittag im Berliner Olympiastadion beim 3:0 (3:0)-Erfolg gegen Leverkusen gezeigt. Dem enormen Druck zum Trotz, zuvor hatte Tabellennachbar Mainz 05 auch noch ein 2:1 in Hoffenheim gefeiert, lieferten die Blau-Weißen ihre beste Saisonleistung ab, deuteten dabei wiederholt an, wieviel spielerisches Potenzial in ihnen steckt. Allen voran Dodi Lukebakio, der an allen Treffern beteiligt war. Mit 24 Punkten gehen die Herthaner nun in das Stadtderby am Ostersonntag gegen den 1. FC Union, das nach der Länderspielpause als nächste Aufgabe im Bundesliga-Kalender steht.
Trainer Pal Dardai war natürlich bewusst, dass es auch gegen die formschwache Bayer-Elf zum Erfolgreichsein etwas mehr Offensive braucht als in den vergangenen Wochen. Und es waren ja schon wieder ein paar Zweifel aufgekommen, ob der Ungar das kann, also das Angriffsspiel so orchestrieren, dass seine Mannschaft nicht nur aus Zufall, sondern mit einem konkreten Plan zu Chancen kommt.
Gegen das Team des Kollegen Peter Bosz hatte der 45 Jahre alte Übungsleiter zumindest schon mal in personeller Hinsicht ein Zeichen gesetzt. Jhon Cordoba wurde als Stoßstürmer nämlich von Lukebakio und Matheus Cunha flankiert, wobei Letztgenannter sich offensichtlich ohne feste taktische Position als Herumtreiber einbringen sollte.
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Zeefuik bewirbt sich mit seinem Treffer für das Tor des Monats
Was man sich vom 53-Millionen-Euro-Sturm erhofft hatte, also so einer früher, Selbstbewusstsein verleihender Glücksmoment, brachte allerdings ein anderer ein, nämlich Deyovaisio Zeefuik. Spektakulär war der Treffer des Niederländers in der dritten Minute, ein Treffer, der bei der Wahl des Tor des Monats ziemlich gute Chance haben dürfte.
Nach Zuspiel des mal endlich frei aufspielenden Lukebakio handelte der Niederländer gemäß dem Motto: Traumtor oder Tartanbahn – egal, jagte den Ball als Direktabnahme schließlich aus 16 Metern quer durch den Strafraum über den Innenpfosten ins Tordreieck – und konnte selbst nicht glauben, was ihm da gelungen war. Flugs versammelten sich die Kollegen um den 23-Jährigen, der in den vergangenen Monaten zwar häufig sein Talent angedeutet, aber nur selten überzeugend agiert hatte.
Bis unters Tribünendach war zu hören, dass Dardai im Anschluss an den Führungstreffer mit dem Spiel seiner Mannschaft erst mal gar nicht zufrieden war. „Raus, raus“, brüllte er wiederholt, weil er natürlich erkannt hatte, dass die Dreierabwehrkette um Niklas Stark keine Entlastung mehr bekam. Er sah auch, wie Bayers Patrik Schick in der 11. und 14. Minute jeweils zum Kopfball kam, dabei aber auch zwei deutliche Hinweise auf die aktuelle Not der Gäste lieferte. Schick vergab zweimal kläglich. Bosz, so viel ist klar, muss jedenfalls in Anbetracht der desolaten Leistung seiner Mannschaft ab sofort um seinen Job bangen.
Cunha grätscht und trifft
Und das im Besonderen wegen einer Abwehr, die diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdient hat. Das zuvorderst von Nationalspieler Jonathan Tah verantwortete Durcheinander nutzte Matheus Cunha in der 26. Minute zum 2:0, wobei Lukebakio einen weiteren Assist für sich verbuchen konnte. Cunha, der in Hälfte eins übrigens sogar mal bei einem Tackling in der eigenen Hälfte zu beobachten war, traf nach einem Spaziergang in den Strafraum unbedrängt mit einem wuchtigen Flachschuss.
Beim 3:0 durch Cordoba, erneut war Lukebakio der Vorarbeiter, erwies sich gar die gesamte Leverkusener Defensive als Slapstick-Combo. Cordoba war es erlaubt, sich gemütlich zu drehen, tunnelte schließlich Keeper Lennart Grill (33.).
Nach der Pause vergaben Cordoba (50.), Lukebakio (66.), Cunha (66. und 74.) und der eingewechselte Krzysztof Piatek (87.) der Reihe nach beste Torchancen. Im Umkehrschluss verdiente sich Grill mit seinen Paraden eben auch noch ein bisschen Lob. Das Spiel selbst trug schließlich nur noch den Charakter eines Testspiels. Da ein bisschen Verschieben von links nach rechts, hier ein bisschen Aufbäumen, doch das Gefühl, dass die Hertha noch einmal in Bedrängnis gebracht werden könnte, kam zu keiner Sekunde auf.
Was Dardai zum Anlass nahm, zehn Minuten vor Schluss die Wechsel drei, vier und fünf zu vollziehen. Nachdem er zuvor schon Cordoba und Lukebakio aus dem Spiel genommen hatte, durften nun auch Mittelstädt, Cunha und sein Sohn Marton vorzeitig zum Kräftesparen auf die Bank.