Hoffenheim: Wie das eigene Klischee
Tom Starke ist in Hoffenheim für die klaren Worte zuständig. Immer wieder prangerte der Torhüter der TSG Hoffenheim in der jüngeren Vergangenheit fehlende Laufbereitschaft und mangelnde Leidenschaft im mit hochbegabten Talenten bestückten Kader an. Am Samstag, nach dem bitteren 1:1 der Hoffenheimer gegen den SC Freiburg, aber nannte er auch erstmals Namen. Direkt nach dem Spiel ätzte Starke in die Kameras des TV-Senders Sky. „Wir haben erfahrene Spieler. Wir haben Ryan Babel vorne, der auch langsam mal anfangen könnte, ein paar Punkte für uns zu holen. Ich weiß nicht, was los ist mit dem Jungen. Er ist komplett down. Er wäre der Typ, an dem sich die Mannschaft aufrichten könnte.“
Über eigene Mitspieler zu lästern, ist im Profifußball tabu. Doch offenbar staut sich nicht nur beim resignierenden Publikum der Ärger über die großen Unsichtbaren im Team. Nach all den Jahren der immer gleichen Leier in Hoffenheimer schwindet langsam die Hoffnung, dass Spieler wie Chindeu Obasi, Vedad Ibisevic, Babel oder Sehad Salihovic an diesem Standort noch einmal konstant zu ganz großer Form finden. Hoffenheim spielt wie sein eigenes Klischee.
Pfeifkonzert zum Abschied
Vielleicht tut manchem Spieler ja ein baldiger Tapetenwechsel gut. „Man weiß nie, was passiert“, sagt Sejad Salihovic zu Fragen nach einem Wechsel im Winter. Noch seien keine konkreten Angebote eingegangen, betonte Manager Ernst Tanner, der trotz der Enttäuschung die Ruhe bewahren will: „Wir verteidigen unseren Platz im oberen Mittelfeldbereich sehr stabil. Darin sind wir Spezialisten.“ Fragt sich nur, wie spannend diese Perspektive auf Dauer das Publikum in Hoffenheim findet. Am Samstag gab es zur Verabschiedung wieder ein lautes Pfeifkonzert.
Zufall ist es sicher nicht, dass Hoffenheim in den vergangenen acht Spielen nur einen Sieg einfahren konnte. Die Begeisterung, die Trainer Holger Stanislawski anfangs entfachte, hat die Mannschaft mit lausigen Leistungen längst wieder aus der Region vertrieben. Es ist erstaunlich, wie konstant immer wieder einzelne Spieler unter ihren Möglichkeiten bleiben. Ralf Rangnick konnte diese Genügsamkeit nicht vertreiben, Marco Pezzaiuoli schon gar nicht und Holger Stanislawski kommt mittlerweile auch an die Grenzen seines Verständnisses für die ärgerlichen Leistungsschwankungen seiner Spieler.
Ausgeprägte Hoffenheimer Lethargie
Wie schon im vorherigen Heimspiel gegen Kaiserslautern wirkte auch gegen Freiburg die Führung (Firmino, 24.) lähmend und der späte Ausgleich durch den eingewechselten Garra Dembélé (90.) für Hoffenheim herbeigebettelt. Stanislawski rätselte: „Was ich nicht verstehe, ist, dass wir nach dem 1:0 einfach aufhören, Fußball zu spielen.“
Keiner der erfahrenen Spieler entwickelt Widerstandskraft gegen den Sog der Lethargie. Am Samstag hatte Stanislawski Salihovic die Kapitänsbinde gegeben, um „einen Kapitän im Feld zu haben“, erklärte der Trainer. Tom Starke, erklärte Stanislawski, brauche die Binde nicht, um Verantwortung zu übernehmen. Das hat der Torhüter am Samstag gezeigt, vielleicht tut ein bisschen mehr Reibung in Hoffenheim ja tatsächlich Not.