Im Steffi-Graf-Stadion fehlen zum ganz großen Tennisglück die ganz großen Namen
Die Turnierdirektorin und der Veranstalter ziehen nach dem Rasenturnier ein positives Fazit, ärgern sich aber weiterhin über die Absage einiger Topspielerinnen.

Kurz vor der abschließenden Pressekonferenz im stickigen Pressezelt der Gras Court Championships Berlin schnappte sich die Turnierdirektorin Barbara Rittner am Sonntagmittag schnell noch mal zwei Kisten mit Wasser, links eine, rechts eine, schleppte diese schließlich zu einem der beiden mannshohen Kühlschränke, die aufgrund der hohen Temperaturen von den Journalisten und vom Staff des Organisationsteams im Verlauf der Turnierwoche wiederholt geleert worden waren. Rittner erachtet solche Einsätze als Selbstverständlichkeit. Im Großen wie im Kleinen setzt die 49-Jährige nun mal alles daran, damit dieses Turnier auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß in Berlin-Grunewald auf Dauer ein Erfolg wird.
Das ist ihr Ziel. Aber natürlich auch das von Veranstalter Edwin Weindorfer, der am Sonntagmittag zusammen mit Rittner und Rot-Weiß-Klubpräsident Dietrich Wolter schon vor dem abschließenden Finale zwischen der Tunesierin Ons Jabeur und der Schweizerin Belinda Bencic, bei dem die Erstgenannte von der Aufgabe ihrer Gegnerin zu Beginn des zweiten Satzes profitieren sollte, ein positives Fazit zog.
30.000 Tickets verkauft
„Ich bin total zufrieden. Wir haben tolles Rasentennis mit engen Matches gesehen. Die drei Rasenplätze waren alle in einem Topzustand. Es gab keinen Regen und damit auch keine Verzögerung. Allerdings hätten es am Wochenende zehn Grad weniger auch getan. Und natürlich hätten wir uns gewünscht, dass eine deutsche Spielerin zumindest das Viertelfinale erreicht“, sagte Rittner. Wolter war ebenfalls „sehr, sehr zufrieden“, während Weindorfer ein „superzufrieden“ einbrachte.
Im Vergleich zum Vorjahr, als aufgrund der Corona-Pandemie die Besucherzahl für das 7000 Zuschauer fassende Steffi-Graf-Stadion auf 500 begrenzt worden war, habe man endlich die erhoffte „Lebendigkeit“ auf der Anlage gespürt, erklärte Weindorfer. Der Geschäftsführer der Emotion Group sprach gar von einem Ansturm und berichtete von 30.000 Tickets, die man im Verlauf der Turnierwoche verkauft habe. Weindorfers Conclusio lautet: „Tennis lebt in Berlin wieder auf.“ Im kommenden Jahr wolle man an vier, fünf Tagen ein „Ausverkauft“ melden.
Nun ist es allerdings so, dass allein schon bei dem Versuch der Wiedererweckung des Frauen-Turniers, das früher noch unter dem Titel German Open im Tenniskalender zu finden war und in den 90er-Jahren dank der regelmäßigen Teilnahme von Steffi Graf ein Selbstläufer war, nicht alles nach Wunsch verläuft. Kurzfristig hatten der Reihe nach Angelique Kerber, Naomi Osaka und Iga Swiatek den Veranstaltern eine Absage erteilt und damit im Hinblick auf die Vermarktung des Events doch ziemlich großen Schaden angerichtet.
Man kann Topspielerinnen nicht bestrafen
„Es gab zwei, drei Absagen, bei denen wir doch sehr enttäuscht waren. Das ist schade, aber wir haben eben nicht alles unter Kontrolle“, klagte Weindorfer am Sonntag, nachdem er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vor wenigen Tagen sogar Strafen für Spielerinnen und Spieler, die wenige Tage vor Turnierbeginn doch noch einen Rückzieher machen, gefordert hatte. Fakt ist: Insbesondere Kerber und die Weltranglistenerste Swiatek hätten mit Sicherheit noch mehr Zuschauer an die Hundekehle gelockt und die Einschaltquoten bei den kooperierenden Sendern erhöht.
„Wenn du die im Feld hast, ist das nicht mehr zu übertreffen“, sagte Rittner, die allerdings nichts davon hält, wankelmütige Profis mit Sanktionen zu belegen. Denn: „Die Topspielerinnen und Topspieler kann man doch gar nicht bestrafen. Was sind für die schon 20.000 oder 30.000 Euro.“
Sie verfolgt einen anderen Ansatz: „Was mir ein bisschen fehlt, ist, dass man versucht, den Spielerinnen und dem Management ein größeres Bewusstsein dafür einzutrichtern, was bei so einem Turnier alles dahintersteckt.“ Als aktive Spielerin habe sie versucht, sich nur für die Turniere zu melden, wo sie auch wirklich spielen wollte. „Das fehlt mir manchmal bei den absoluten Topleuten oder dem Management, dass sie da sehr, sehr egoistisch verfahren.“ In diesem Zusammenhang sei auch die Frauen-Profiorganisation (WTA) gefordert, zu der sie übrigens beste Verbindungen hat. Rittner wird sich darum kümmern, wenngleich dies kein leichtes Unterfangen ist.