Kader-Verstärkungen: Warum Alba Berlin ein Luxusproblem hat
Berlin - Vom Eingang aus der dritte Platz auf der linken Seite, das ist jetzt der Platz von Marko Banic: schmale Bank, darüber ein Schrankfach, ein hölzerner Alkoven in einer Reihe mit vielen anderen. Banic zieht sich gerade fürs Training um und plaudert darüber, wie er es so findet bei Alba nach einer knappen Woche im Team. Göttingen ist das Thema und der Saisonstart in der Basketball-Bundesliga (BBL) am heutigen Donnerstag (18.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof. Es geht um Berlin und deshalb auch um Kasan. „Russland, ja Russland“, sagt Banic: „Wenn du so eine Erfahrung gemacht hast, dann weißt du das hier zu schätzen.“
Marko Banic, Power Forward aus Zadar, 2,04 Meter groß und 30 Jahre alt, ist zusammen mit dem 28 Jahre alten Guard Alex Renfroe der bisher letzte Zugang dieser Spielzeit im nun 13 Mann starken Alba-Kader. Er ist ein Beleg dafür, dass die BBL und damit ihr Standort Berlin an Attraktivität gewonnen haben. Er ist ein Luxusproblem für Sasa Obradovic. Sieben Ausländer hat der Berliner Trainer jetzt zur Verfügung, nur sechs darf er in der Bundesliga einsetzen. Banic und Renfroe werden wechselweise zum Zuge kommen. Dass Banic das nichts ausmacht, hat ein bisschen auch mit Kasan zu tun.
In jeder Hinsicht raus
Die Geschichte liegt nun schon zwei Jahre zurück. September 2012: Banic wollte seiner Karriere nach sieben Jahren in Bilbao eine neue Richtung geben und wohl auch seinem Konto etwas Gutes tun. Er unterschrieb bei Unics, verletzte sich jedoch am Knie. „Für mich war das ein Schock“, erzählt Banic. „In den sieben Jahren in Bilbao habe ich vielleicht zwei Spiele verpasst.“ Und dann das. Und unter diesen Umständen. „Ich hatte das Pech, mich in Russland zu verletzen. Es gab keinen medizinischen Stab, keine vernünftige medizinische Versorgung. Ich hatte keine Kontakte, wusste nicht, wen ich fragen sollte.“ Er war raus, in jeder Hinsicht.
Anderthalb Jahre sollte es dauern, bis Banic wieder aufs Parkett zurückkehrte, nicht in Kasan, sondern in Madrid, bei Estudiantes, wo ein alter Bekannter das Kommando an der Seitenlinie übernommen hatte: Txus Vidorreta, Banics Trainer damals in Bilbao. „Ein schwächeres Team, aber ein vertrauter Coach“, sagt Banic. Die Mischung passte. 33 Partien in der vergangenen Saison, 10,5 Punkte, 3,8 Rebounds – es war ein guter Neuanfang.
In diesem Sommer nun wartete er auf Angebote, zwei, drei Optionen zerschlugen sich, dann kam die Offerte aus Berlin. „Ich war darauf vorbereitet, dass es länger dauern würde, bis das Passende dabei ist.“ Banic sagt, bei Alba sei ihm die Wahl leichtgefallen. Die Aussicht, sich nun auch wieder in der Euroleague präsentieren zu können, hat ihm gefallen. Die Aussicht, als gestandener Profi einem jungen Team Halt und Gestalt zu geben, „unter dem Korb eine neue Dimension – vielleicht“, sagt der Power Forward. Nicht zuletzt aber Berlin selbst sprach für den Wechsel. „Die Stadt, wunderbar, perfekt“, sagt Banic, der sich nur wohlfühlt, wenn dies auch seine Frau und die beiden Kinder tun. „Dann ist es egal, wenn du vielleicht etwas weniger Geld bekommst, als du anderswo gekriegt hättest.“ Die Prioritäten haben sich verschoben, auch wegen Russland.
Scheu vor dem Risiko
MVP des Eurocups ist Banic 2010 schon gewesen, jetzt macht er sich in Deutschland auf den Weg zu alter Stärke. Das erwartet jedenfalls Obradovic. Manche Klubs, meint der Trainer, hätten wahrscheinlich das Risiko gescheut, einen Spieler nach einer derart langwierigen Verletzung zu engagieren, doch bei Alba hätten sie sich die Sache reiflich überlegt. „Wir haben die Meinung der Ärtze eingeholt und die haben uns gesagt, dass die Knieverletzung zwar zu Schädigungen geführt hat, dass er damit aber spielen kann.“ Nicht ein einziges Mal habe Banic vorige Saison bei Estudiantes im Training gefehlt. „Ein gutes Zeichen“, sagt Obradovic.
In der Euroleague dürfte Banic nun zusammen mit Renfroe auflaufen. Dort sind sieben Ausländer im Kader erlaubt, ein deutsches Talent wird dafür draußen bleiben, vermutlich Martin Seiferth oder Ismet Akpinar; beide kurieren ohnehin gerade Verletzungen aus. In der BBL wird Banic ab und zu aussetzen. „Taktik, Gegner, Trainingseindrücke“, sagt Obradovic: „Es sind viele Faktoren, die ich bei der Auswahl einbeziehe.“ Er entscheidet von Spiel zu Spiel, wen er aufbietet. Ein Luxus, der nur zum Problem wird, wenn das Wechselspiel Banic und Renfroe aus dem Tritt bringen sollte.
Obradovic verweist auf die Erfahrung und Mannschaftsdienlichkeit der beiden Neuen, auf den engen Spielplan. „Banic und Renfroe im Team zu haben, hilft uns, dass wir unsere Spieler nicht überbeanspruchen.“ Obradovic glaubt fest an den Segen seiner doppelten Sieben.