Kamila Walijewa führt nach dem Kurzprogramm und erzählt eine Opa-Geschichte

Nach dem Wirbel um ihre positive Dopingprobe tritt die russische Eiskunstläuferin erneut an - und zeigt trotz des riesigen Drucks das beste Kurzprogramm.

Die Russin Kamila Walijewa zeigt das beste Kurzprogramm auf dem olympischen Eis in Peking.
Die Russin Kamila Walijewa zeigt das beste Kurzprogramm auf dem olympischen Eis in Peking.AFP/Anne-Christine Poujoulat

Peking – In Kamila Walijewa, diesem sprunggewaltigen, Persönchen, das am Dienstag im Kurzprogramm der Olympischen Spielen in ihrem fliederfarbigen Kleidchen mit gewohnter Eleganz und zauberhaftem Ausdruck übers Eis glitt, kumulieren derzeit globale Interessen. Nach dem letzten Klavierakkord schaute die 15-Jährige hinauf zur Hallendecke, mit Tränen in den Augen. Was für ein Druck lastet auf der Schülerin. Trotz einer positiven Dopingprobe hatte der Internationale Sportgerichtshof (Cas) in einem Eilverfahren entschieden, dass Walijewa im Frauen-Einzel starten darf. Doch sie läuft unter Vorbehalt. Das Programm gelang ihr am Dienstag weitgehend. Mit 82,16 Punkten geht die 15 Jahre alte Russin als Führende in die Kür am Donnerstag.

Ihre juristische Vertretung hatte zuvor „Gründe präsentiert, die Zweifel an ihrer Schuld“ hinterließen. So teilte es Denis Oswald, der Vorsitzende der Disziplinarkommission des Internationalen Olympischen Komitees, am Dienstag in Peking mit. Die Anhörung fand nichtöffentlich statt.

Ein Schluck aus dem Glas von Walijewas Großvater

Nach Meldungen russischer Medien greift bei Walijewa die Opa-Geschichte: das Mädchen könne aus einem Glas getrunken haben, das zuvor ihr Großvater genutzt habe. Durch eine Speichelübertragung könne die verbotene Substanz in ihren Körper gelangt sein. Walijewa war Ende Dezember positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet worden. Der Befund war während der Winterspiele in Peking bekannt geworden.

Nun kennt die Welt von zu vielen Avocados über Bonbons aus Peru bis hin zur kranken Schwiegermutter viele Stories, die als Entschuldigung für Dopingvergehen herhalten mussten. Der Nürnberger Dopingexperte Fritz Sörgel meint: „Die Menge für eine positive Dopingprobe kann nicht durch Speichel an einem Glasrand in den Körper gelangen“ und empfiehlt, nicht nur die B-Probe der Team-Olympiasiegerin zu untersuchen, sondern auch die seitdem erfolgten negativen Tests.

Falls sich die Angaben der Europameisterin aus Russland als nicht richtig erweisen sollten und sie das Mittel aus ihrem Trainingsumfeld erhalten hätte, wäre das „ein krimineller Akt und rücksichtslos gegen einen jungen Menschen“, sagte Sörgel. „Scheinbar wird alles versucht, nicht wieder Staatsdoping ins Spiel zu bringen.“ Russlands Olympiasperre wegen Doping-Vertuschung und Daten-Manipulationen läuft Ende des Jahres aus.

Das IOC hatte entschieden, dass es im Falle eines weiteren Medaillengewinns von Walijewa wie im Team-Wettbewerb auch im Einzel keine Siegerehrung bei den Winterspielen geben wird.