Karate-Meisterschaften: Wenn die eine Schwester für die andere schreit

In Gizem und Seden Bugur aus Berlin werden erstmals zwei Schwestern deutsche Meisterinnen. Trainiert werden sie von ihrem Vater Veysel.

Die Karatekämpferinnen Gizem (l.) und Seden Bugur mit den Meisterpokalen, die sie am Wochenende in Ludwigsburg gewonnen haben.
Die Karatekämpferinnen Gizem (l.) und Seden Bugur mit den Meisterpokalen, die sie am Wochenende in Ludwigsburg gewonnen haben.SC Banzai

Berlin - Seden ist die Jüngste in der Karate-Familie Bugur. Sie stand am Sonnabend bei den deutschen Meisterschaften in Ludwigsburg zuerst auf der Matte. Im Finale bis 50 Kilogramm besiegte die Berlinerin vom SC Banzai Aleyna Gencer aus Buchholz mit 3:1. Damit wurde die 19-Jährige erstmals in der Leistungsklasse deutsche Meisterin. Ihre Schwester Gizem beobachtete aus der Entfernung, wie Seden den ersten Punkt erzielte. Wie sie danach Abstand hielt, der Gegnerin keine Angriffsfläche bot. „Sie war schnell wie eine Gazelle“, sagt Veysel Bugur.

Der 52-Jährige trainiert seine Töchter. Er war selbst Weltmeister, einmal für die Türkei, einmal für Deutschland. Er hat den SC Banzai am Kottbusser Damm vor 24 Jahren gegründet und Hunderte von Kadersportlern sowie EM- und WM-Medaillengewinner ausgebildet. Für ihn und seine Karateka waren die Meisterschaften in Ludwigsburg die ersten, die sich anfühlten wir früher, vor Corona: kein Schnelltest, keine Maske. „Das hat Spaß gemacht“, sagt Veysel Bugur.

Die ersten Schwestern, die gleichzeitig Meisterinnen werden

Spaß machte ihm nach dem Sieg seiner jüngsten Tochter der Auftritt von Gizem, 23. „Die eine ging von der Matte, die andere kam rauf“, sagt Veysel Bugur. Gizem kämpfte im Finale bis 55 Kilogramm, Seden feuerte die ältere Schwester an. „Sie hat so mitgefiebert. Sie hat nach ihrem Kampf gleich noch mal gekämpft – mit der Stimme“, erzählt der Vater.

Gegen Doua Rabhi aus Bochum gewann Gizem nach Pflichtentscheid mit 5:0. Es war ihr fünfter deutscher Meistertitel. Der Kampfrichter sagte: „Hey, Ihre Schwester schreit aber ganz schön laut.“ Und Veysel Bugur stellte fest, dass er eine Premiere erlebt hatte: Zum ersten Mal in der Geschichte des Deutschen Karate Verbandes gewannen zwei Schwestern in der Leistungsklasse in ihren Gewichtsklassen den deutschen Meistertitel.

Dann summte sein Handy. Seine älteste Tochter, Duygu, 30, hatte daheim den Livestream angeschaut. Die frühere WM-Silbermedaillengewinnerin, die ihre Sportkarriere beendet hat, schrieb: „Jetzt sind wir alle drei deutsche Meisterinnen“ – in der Leistungsklasse, der Seniorenwertung. „Alle drei haben den Titel mal in der Klasse bis 50 Kilo gewonnen“, sagt Veysel Bugur.

Wie seine Töchter kann er nicht verstehen, weshalb Karate nach der Premiere in Tokio für 2024 wieder aus dem Olympiaprogramm genommen wurde, um 2028 in Los Angeles erneut dabei zu sein. Seden wäre dann 25 – ein gutes Kampfalter. Gizem wäre 29 – und wohl nicht mehr dabei. Nun hat sie erst mal in diesem Mai die EM in Gaziantep in der Türkei als Ziel.