Hertha BSC: Warum Fredi Bobics Entlassung richtig war

Das Wirken des Managers geht nicht in die Erfolgsgeschichte von Hertha BSC ein. Zwei Identifikationsfiguren sollen für mehr Authentizität sorgen. Ein Kommentar. 

Gehen nun getrennte Wege – Hertha-Präsident Kay Bernstein und Fredi Bobic.
Gehen nun getrennte Wege – Hertha-Präsident Kay Bernstein und Fredi Bobic.imago/MIS

Schlimmer kann es sowieso nicht mehr kommen. Unter Fredi Bobics Regie als Manager hieß es über anderthalb Jahre: permanenter Abstiegskampf. Fünf Stadtduelle hintereinander wurden gegen Union Berlin kläglich verloren. Die Mannschaft musste unter Bobic merklich an Qualität einbüßen. Die Transferpolitik war mangelhaft. Eine Zukunftsvision war zu keinem Zeitpunkt seiner Wirkung an der Hanns-Braun-Straße zu erkennen. Zudem entpuppte sich auch Bobic als ein Alphatier, der den im Sommer eingeschlagenen „Hertha-Weg“ wohl nicht zu 100 Prozent mitgegangen ist. Das Ende der kurzen Beziehung mag zum jetzigen Zeitpunkt riskant sein, ist jedoch genauso alternativlos.

Die Meldungen überschlugen sich mitten im Hertha-Frust nach der 0:2-Derby-Niederlage am vergangenen Sonnabend. „Das Präsidium von Hertha BSC hat gemeinsam mit dem Aufsichtsrat entschieden, Fredi Bobic mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben zu entbinden.“ Auf die erwartbare Niederlage gegen Union folgte also erst die Überraschung des Tages. Denn vielmehr hatten Beobachter und Fans der Alten Dame in Anbetracht der drei Niederlagen zum Bundesliga-Restart die Trainerfrage vermehrt gestellt. Ist Sandro Schwarz noch der Richtige, der den Bock umstoßen kann? An Bobic als Sündenbock hatten zu diesem Zeitpunkt die wenigsten gedacht.

Und doch bestätigte sich in den Tagen rund um die Derby-Pleite, dass Bobic und Hertha einfach nicht mehr zusammenpassten. Der Knackpunkt war wohl die Frage der Nachfolge des DFB-Managers, der Bobic eher ausgewichen war, anstatt sie kategorisch abzulehnen. Für den im Sommer neu gewählten Hertha-Präsidenten Kay Bernstein ist besonders Loyalität eine der Prämissen, um den Verein aus der Dauerkrise zu befreien. Neben der unglücklichen Transferpolitik sorgte auch Bobics Trainerpolitik – erst Hertha-Legende Pal Dardai zu schassen und dann mit Tayfun Korkut um die Ecke zu kommen – für Stirnrunzeln in den Weiten des Hertha-Kosmos.

Entgegen dem Unverständnis einiger Fußballfunktionäre, die den Zeitpunkt der Entlassung nicht nachvollziehen konnten, argumentiert der Verein mit der Notwendigkeit, jetzt noch schnell handeln zu können. Und in der Tat darf die Gegenfrage gestellt werden: Was wäre – um in der Sprache eines gewissen Jürgen Klinsmann zu bleiben – der Mehrwert davon gewesen, Bobic noch zwei oder drei Wochen zu halten?

Vielmehr entsteht im Hertha-Lager die Hoffnung, mit den Neuen, Sportdirektor Benjamin Weber und Leiter der Lizenzspielerabteilung Zecke Neuendorf, die fehlende Qualität der Mannschaft mit Empathie und Authentizität der Führungsfiguren wettzumachen. Insbesondere das Einfühlungsvermögen schien bei Bobic zuletzt nicht mehr intakt zu sein. „Wenn du noch mal fragst, kriegst du eine gescheuert“, war Bobics unverblümte Reaktion auf die Trainerfrage eines Reporters nach dem Derby. 

Für die Hertha-Fans war die Nachricht über die Rückkehr von Weber und Neuendorf hingegen wie eine leichte Ibuprofen-Tablette nach den schlimmen Kopfschmerzen vom Derby-Samstag. Reaktionen in den sozialen Medien, die suggerieren, Weber und Zecke wären Novizen auf ihren neuen Positionen und müssten sich erst mal ein Netzwerk aufbauen, sind eben klassische Worthülsen aus dem Fußball-Establishment. Und genau dieses Establishment hat den frustrierenden Dauerabstiegskampf bei Hertha in den vergangenen vier Jahren hauptsächlich zu verantworten.

Neue Geschlossenheit bei Hertha BSC? Benjamin Weber, Kay Bernstein, Thomas Herrich und Klaus Brüggemann (v.l.n.r.)
Neue Geschlossenheit bei Hertha BSC? Benjamin Weber, Kay Bernstein, Thomas Herrich und Klaus Brüggemann (v.l.n.r.)City-Press GmbH

Das Tandem steht schon jetzt vielmehr für einen schlichten, authentischen Hertha-Weg. Berliner Jungs, die für Hertha brennen, die den Weg wohl auch ligaunabhängig mitgehen würden und vor allem eines wissen: Niemand ist größer als der Verein, das Wohlergehen von Hertha BSC steht über dem Wohl von Individuen.