Es ist noch keinen Monat her, dass die Veröffentlichung eines Namens auf Facebook das Leben eines unschuldigen 17-Jährigen zerstört hat. Damals ging es um den Mord an der elfjährigen Lena in Emden. Trotzdem bedient sich Spitzensportlerin Ariane Friedrich des selben Mittels, um sich gegen einen Mann zu wehren, der sie mit einer obszönen Nachricht auf Facebook bedrängt. Sie prangert seinen Namen auf ihrer Facebook-Seite an und nennt auch seinen vermeintlichen Wohnort.
Auch wenn der Reflex von Friedrich, sich aktiv gegen die Belästigung wehren zu wollen, nachvollziehbar ist; es ist ein fatales Signal, dass sie diesem nachgibt – und ihr Vorgehen auch Tage später noch rechtfertigt. Damit wird Friedrich selbst zur Täterin.
Die Stalking-Anschuldigung im Netz bleiben
Mindestens einen Unschuldigen hat sie mit der Namensveröffentlichung in jedem Fall getroffen. Sucht man nach dem Namen und dem Ort, findet man in wenigen Sekunden heraus, dass es zwei Personen gibt, die so heißen und dort wohnen. Über beide wird natürlich längst im Internet diskutiert, ihre Namen dürfte für immer mit der Stalking-Anschuldigung im Netz verbunden bleiben.
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Mehr noch, es ist möglich, dass alle beide unschuldig sind. Friedrich bekam die belästigende Nachricht via Facebook. Was ihr offenbar überhaupt nicht in den Sinn kommt: Es ist gut möglich, dass eine ganz andere Person einfach den Namen des Beschuldigten angenommen hat. Ein gefälschtes Facebook- oder E-Mail-Konto anzulegen, dauert weniger als zwei Minuten. Zwei Minuten, bis man die Identität einer Person annehmen kann, zum Beispiel, um sie durch das Versenden obszöner Nachrichten in ihrem Namen fertig zu machen. Wenn es in diesem Fall nicht so ist, dann vielleicht beim nächsten.
Als Polizeikommissarin sollte Friedrich eigentlich besser als andere wissen, dass die Unschuldsvermutung für den Rechtsstaat essenziell ist. Gerade für eine prominente Polizistin wäre es die Aufgabe, dieses Bewusstsein auch im Facebook-Zeitalter zu stärken. Auch wenn erst hängen, dann fragen, immer schon die einfachere Methode war. Eine Methode, die Friedrich übrigens teuer zu stehen kommen könnte, wenn sie einer der Beschuldigten auf Schmerzensgeld verklagt. Dann hätte dieser Fall doch noch seinen Teil dazu beigetragen, den Mob-Tendenzen im Internet Einhalt zu gebieten.