Krise bei den Eisbären Berlin: Ungewohnt behäbig

Berlin - Und plötzlich war da gestern wieder einer jener Schreckmomente, von denen die Eisbären Berlin in den vergangenen Monaten so viele hatten. Mit schmerzverzogenem Gesicht tapste André Rankel während des vormittäglichen Trainings in die Kabine, den paar Kiebitzen im Wellblechpalast schwante Böses, war der Stürmer doch erst vor kurzem von einer Gehirnerschütterung genesen. Rankel also wieder draußen? „Nein“, gab der 26-Jährige kurze Zeit später Entwarnung.

Ein paar Probleme habe er mit dem Rücken, nichts Schlimmes aber: „Wärmesalbe drauf und dann ging’s wieder“, sagte er. Vor allem Trainer Don Jackson, im Gesicht bereits wie zu besten Playoff-Zeiten behaart, beruhigte das. Denn: „Das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, sind wieder verletzte Spieler.“

Jackson sagt das nicht ohne Grund, weiß er doch, dass mit der heutigen, viertletzten Hauptrundenpartie gegen Düsseldorf (19.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof) für den EHC die wichtigste Phase der bisherigen Saison beginnt. Zweieinhalb Wochen sind es noch bis zum ersten Playoff-Viertelfinalspiel, nur zweieinhalb Wochen Zeit also, um einen Weg aus der aktuellen Krise mit neun Niederlagen aus 14 Partien zu finden. Jackson weiß, dass es höchste Zeit ist, sein Team auf Meister-Form zu trimmen.

Verletzungsserie schwächt das Team

Zwei Abschnitte haben die Eisbären auf dem Weg dorthin vor sich. Da wären zum einen die vier verbleibenden Spiele in der Liga, in denen die Berliner ihre Tabellenführung verteidigen und sich Selbstvertrauen für die K.-o.-Runde holen wollen. Dass sie dabei ausschließlich auf Mannschaften treffen, die noch um den Playoff-Einzug käm-pfen, empfindet Manager Peter John Lee „als guten Test für uns“. Zum anderen wartet auf die Eisbären in den zehn Tagen zwischen Hauptrunden-Ende und Playoff-Beginn ein Trainingscamp.

In dieser Phase müssen sich die besten Konstellationen der Angriffs- und Abwehrreihen einspielen, ein Vorgang, der in der bisherigen Saison aufgrund von Verletzungen immer wieder torpediert worden war. „Diese Tage sind der Schlüssel zum Erfolg“, glaubt Rankel: „Wir können neben der Kondition auch konzentriert an der Feinabstimmung arbeiten.“

Diese prinzipielle Stärke ging den Eisbären zuletzt ab. Verständlicherweise, fehlten doch teilweise bis zu neun Stammkräfte gleichzeitig. So wie Rankel, der sechs Wochen mit einer Gehirnerschütterung außer Gefecht war. Nach der Rückkehr aufs Eis fehlte dann nicht nur bei ihm manchmal die Bindung zu den Sturmpartnern – das gesamte Team wirkte ungewohnt behäbig. Lee erklärt das damit, dass bei immer wechselnden Nebenleuten die Chemie fehlt. Zwei bis drei Spiele wünscht sich der Manager mal ohne Wechsel in den Reihen, „einfach um Konstanz reinzubekommen“.

Vor allem das schnelle, direkte Angriffsspiel der Eisbären macht ein perfektes Verständnis der Nebenleute unabdingbar. Jene dann greifenden Automatismen „sind sehr wichtig“ findet Rankel. „Dann überlegst du weniger und bist den Tick schneller. Überlegst du zu viel, bist du oft den entscheidenden Schritt zu langsam.“ Ein Fehler, der in den Playoffs gnadenlos bestraft wird.

Meistersaison als Blaupause

Die Blaupause dafür, dass mit konzentrierter Arbeit der maximale Erfolg erreicht werden kann, ist die zurückliegende Meistersaison. Auch da kriselten die Eisbären zum Ende der Hauptrunde, waren sie vom Status des Favoriten ein gutes Stück entfernt. Warum sie in den Playoffs ihre Gegner trotzdem nach Belieben beherrschten, erklärte Stefan Ustorf seinerzeit wie folgt: „Die intensive Trainingszeit vor den Playoffs war eminent wichtig. Da konnten wir uns den nötigen Schliff holen.“