„Maier-Turbo“ und mal wieder das Küken: Deutsches Frühlings-Hoch in Peking
Die 15-jährige Linn Kazmaier holt ihre dritte Medaille und wandelt auf den Spuren von Verena Bentele. Auch Marco Maier gewinnt überraschend sein zweites Silber.

Berlin-Eingehüllt in die Deutschland-Fahne stieß Marco Maier nach seinem neuerlichen Silber-Coup einen Urschrei nach dem anderen aus, keine Stunde später hüpfte „Küken“ Linn Kazmaier nach Bronze Arm in Arm mit ihrem Guide Florian Baumann wie ein Flummi durch den Zielraum. Im Zhangjiakou Biathlon Centre entwickeln sich beim Team D Paralympics nicht nur wegen der immer höheren Temperaturen täglich neue Frühlingsgefühle. Vor allem Kazmaier schreibt mit ihren 15 Jahren in Peking ein Märchen.
„Ich fühle mich an die Frühzeit von Verena Bentele erinnert“, frohlockte Verbandschef Friedhelm Julius Beucher. Die hatte 1998 in Nagano mit 16 Jahren in der Klasse der Sehbehinderten gleich vier Medaillen geholt, Kazmaier steht nun mit einem Lebensjahr weniger schon bei drei. Sie fühle sich „ein Stück weit wie im Traum“, erzählte die Schwarzwälderin und schüttelte den Kopf: „Es ist schon ein bisschen surreal. Das ist alles so groß.“
Nach zuvor zwei zweiten Plätzen machte die jüngste deutsche Medaillengewinnerin bei Winterspielen nun ihrem Guide mit Bronze im Langlauf-Sprint ein Geschenk zum 21. Geburtstag. Die Erfolge von Peking seien ihr selbst „ein Stück weit unheimlich“, sagte Kazmaier, die wegen einer angeborenen Zapfendystrophie und einem Nystagmus nur verschwommene, wackelnde Bilder sieht.
Selbst Beucher gingen nach dem nächsten starken deutschen Tag die Superlative aus. „Wir sind mit ganz bescheidenen Erwartungen hierhin gefahren“, sagte er. So langsam kriege „das Wort Sensation einen Abnutzungseffekt, aber es sind nun mal Sensationen“. In Maier scheint bei den männlichen Wintersportlern nach jahrelanger Suche endlich ein neuer Leitwolf heranzuwachsen. Jung, smart – und eben erfolgreich: „Ein herrlicher Typ“, schwärmte Beucher.
In seiner Paradedisziplin musste sich der 22-Jährige im Finale der stehenden Klasse nur dem Franzosen Benjamin Daviet geschlagen geben – und dabei machte dem groß gewachsenen Oberstdorfer sogar noch die bei Temperaturen von über zehn Grad Celsius aufgeweichte und tiefe Strecke Probleme. Zuvor hatte der Kurzstreckenspezialist bereits Silber im Biathlon-Sprint geholt.