Mario Götze: Abschied als Statist
London - Mario Götze erschien erst spät. Und er hatte im Eingangsbereich zum Partyareal von Borussia Dortmund an der Cromwell Road keine große Lust aufs Scheinwerferlicht. Reichte es nicht, dass die Stadionregie in Wembley ihn immer einblendete, wenn seine Mannschaft die Nackenschläge vom nationalen Konkurrenten erhielt?
Störende Fragen
Der wegen seines nicht ausgeheilten Muskelfaserrisses zur Tatenlosigkeit verurteilte Edeltechniker gab bei der schwarz-gelben Nacht, die zugleich auch Saisonabschlussparty sein sollte, nur Allgemeinplätze zum Besten. Wie hat er dieses Champions-League-Finale erlebt? „Es war sehr ärgerlich vom Ablauf. Ich bin sehr traurig, denn ich hätte gerne diesen Titel mitgenommen.“ Und wie schmerzvoll war die Rolle als Zuschauer? „Selbstverständlich war das nicht schön. Man will immer Fußball spielen.“
Dem in Memmingen geborenen Götze, der vom Sommer für 37 Millionen Euro festgeschriebene Ablöse in den Süden zieht, erschienen selbst profane Fragen störend. Da hatte sich einer seinen Abschied von einem Verein, der ihn ausgebildet und fußballerisch erst erzogen hat, ganz anders vorgestellt. Und dann sah der 20-Jährige auch noch, dass dieses von Jürgen Klopp so wunderbar miteinander verzahnte Ensemble ohne ihn gegen seinen künftigen Arbeitgeber zumindest im Spiel gegen den Ball mindestens genauso gut funktionierte wie mit ihm.
Zukunft bei den Bayern
„Gegen die Bayern hat Mario ja schon häufiger nicht mitgespielt“, gab der BVB-Trainer später ungeniert zu Protokoll. Tage zuvor hatte Klopp bekannt, die Kunde vom Götze-Weggang sei „wie ein Herzinfarkt“ für ihn gewesen. Nun wollte Klopp das Finale zwar nicht unter diesem Aspekt betrachtet haben, mit der Versetzung von Marco Reus auf Götzes Position schien er aber vielleicht schon eine Zukunftslösung gefunden zu haben. „Marco hat das unglaublich gut gemacht, auch defensiv“, lobte Klopp.
Dennoch werden die Westfalen mindestens einen Topspieler für die Götze-Position verpflichten: Der vielseitig verwendbare und besonders begabte Belgier Kevin de Bruyne, der bei Werder Bremen in der Bundesliga so viel Eindruck hinterließ, aber dem FC Chelsea gehört, steht bei Klopp ganz hoch im Kurs. Wenn Kollege José Mourinho allerdings de Bruyne behalten will, könnte es für den BVB schwierig werden.
Götze muss hingegen sehen, wo er beim FC Bayern München unter Josep Guardiola seinen Platz findet. Offensives Mittelfeld, hängende Spitze – vieles ist denkbar. Ab und an auch bestimmt die Bank. Auf die Frage, ob er sich auf München freue, verstummte Götze übrigens in der Nacht zum Sonntag sofort. Aber dieser Ausnahmekönner wird bestimmt nicht sein letztes Champions-League-Finale erlebt haben. Deshalb wechselt er ja zum FC Bayern.