Primoz Roglic hat auf der Marathon-Etappe wohl schon den Gesamtsieg eingebüßt

Auf dem längsten Teilstück seit 21 Jahren landet der slowenische Radprofi Matej Mohoric mit seinem Tagessieg einen Überraschungs-Coup.

Der Slowene Matej Mohoric vom Team Bahrain Victorious jubelt bei der Zieleinfahrt über seinen Etappensieg.
Der Slowene Matej Mohoric vom Team Bahrain Victorious jubelt bei der Zieleinfahrt über seinen Etappensieg.dpa

Berlin-Der slowenische Radprofi Matej Mohoric hat bei der knüppelharten Marathon-Etappe der Tour de France einen Überraschungs-Coup gelandet, sein leidender Landsmann Primoz Roglic wohl schon vor den Alpen alle Chancen auf den Gesamtsieg eingebüßt. Auf der mit 249,1 Kilometern längsten Tour-Etappe seit 21 Jahren nutzte Mohoric die letzte Außenseiter-Chance vor dem ersten Hochgebirgs-Showdown, während Tony Martins angeschlagener Kapitän Roglic böse einbrach.

Das Gelbe Trikot rettete Mathieu van der Poel mit viel Mut und Geschick – der Niederländer war mit Mohoric und 27 weiteren Fahrern auf dem Weg nach Le Creusot früh ausgerissen und kam 1:40 Minuten hinter dem Sieger als Vierter ins Ziel. Damit verteidigte der Etappengewinner von der Mur-de-Bretagne das Maillot jaune zum fünften Mal erfolgreich. In den Alpen dürfte es der Enkel des großen Raymond Poulidor aber kaum behalten können.

Titelverteidiger Tadej Pogacar schont seine Kräfte

Der slowenische Topfavorit und Titelverteidiger Tadej Pogacar schonte im Hauptfeld seine Kräfte, für Roglic war hingegen schon das hügelige Terrain zu viel: Der Vorjahreszweite, der schon nach seinem Sturz am Montag Zeit verloren hatte, ließ am letzten Berg des Tages abreißen.

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Die großen Gesamtsieg-Anwärter lieferten sich im Hauptfeld am Tag vor der Alpen-Ouvertüre ein erstes kleines Kräftemessen. Rund 15 km vor dem Ziel attackierte der Ecuadorianer Richard Carapaz (Ineos) und fuhr einige Sekunden Vorsprung auf Pogacar (UAE-Team Emirates) heraus, wurde aber wieder eingeholt. Der Giro-Sieger von 2019 könnte dennoch der größte Widersacher Pogacars in den kommenden Tagen werden. Die Gruppe hatte letztlich 5:15 Minuten Rückstand auf Mohoric, der mit 1:20 Minuten vor dem Belgier Jasper Stuyven siegte.

Im Rennen über die größte Tagesdistanz seit 2000 – damals hatte Erik Zabel in Troyes nach 254,5 Kilometer gesiegt – bildete sich nach rund 40 Kilometern eine 29 Mann starke Spitzengruppe, in der 18 von 23 Teams vertreten waren. Neben van der Poel und dem Mann in Grün, dem zweimaligen Etappensieger Mark Cavendish (Großbritannien/Deceuninck-Quick Step), waren bergfeste Stars wie der Belgier Wout van Aert (Jumbo-Visma) oder der frühere Toursieger Vincenzo Nibali (Italien/Trek) vorne dabei – aber kein einziger deutscher Profi.

Auch Roger Kluge, der am Vortag für eine 125-Kilometer-Flucht nicht belohnt worden war, hielt sich zurück. „Ich werde dafür bezahlen“, hatte der 36-Jährige angesichts der Ausreißerstrapazen schon vermutet. Rund 80 Kilometer vor dem Ziel löste sich Mohoric mit dem Belgier Brent Van Moer aus der Spitzengruppe und setzte am 635 Meter hohen Signal d'Uchon (2. Kategorie) die entscheidende Attacke.

Mathieu van der Poel weiter im Gelben Trikot

An der Spitze des Hauptfeldes kontrollierte Pogacars UAE-Team lange das Tempo, ohne aber in letzter Konsequenz der Fluchtgruppe nachzujagen. Pogacar wusste, dass kein Ausreißer ihm nachhaltig im Kampf um den Tour-Sieg gefährlich werden kann, auch van der Poel wird in den Alpen nicht mehr mithalten können. „Es ist unrealistisch, das Trikot in den Bergen erfolgreich zu verteidigen“, hatte van der Poel gesagt.

Am Sonnabend ist dies auf der mittelschweren Etappe nach Le Grand-Bornand vielleicht sogar noch möglich. Spätestens aber bei der Bergankunft am Sonntag in Tignes dürfte Pogacar zum Angriff auf Gelb blasen.