Rekordkulisse beim EM-Auftakt: Laura Freigang hofft auf hohe Einschaltquoten
In England wird ein Neuanfang im Frauenfußball gefeiert. Das deutsche Team startet am Freitag ins Turnier – mit einer Jokerin, die früher oft ihr Konto überzog.

Der Telegraph schrieb von einem „perfekten Turnierstart“, der Guardian sah im EM-Eröffnungsspiel vor Rekordkulisse gar einen „Neuanfang für den Frauenfußball“: Nach dem sportlich erfolgreichen und vor allem hoch emotionalen EM-Auftakt der Lionesses schwelgte das Mutterland des Fußballs in Superlativen.
Der erhoffte Sieg zum Auftakt der Mission Titelgewinn war das eine, doch angesichts der Gänsehaut-Atmosphäre mit 68.871 Fans im Old Trafford verschlug es Englands Fußballerinnen beinahe die Sprache. „Unglaublich“, sagte Nationaltrainerin Sarina Wiegman nach dem 1:0-Erfolg gegen Österreich.
Zuschauer-Bestmarke wurde pulverisiert
Auch die künftige Bayern-Spielerin Georgia Stanway schwärmte, nachdem die bisherige Zuschauer-Bestmarke bei einem EM-Spiel vom Finale 2013 (41.301 in Solna/Schweden) pulverisiert worden war: „Die Atmosphäre spricht für sich selbst, die Anzahl der Leute, die gekommen sind, war sensationell.“
Sportlich, das wusste auch Stanway, die nach der Partie zur Spielerin des Spiels gekürt wurde, gibt es beim Titelkandidaten noch Luft nach oben. Doch beim gesamten englischen Team herrschte zunächst pure Erleichterung darüber, dass der sehenswerte Treffer von Beth Mead (16.) für den ersten kleinen Schritt zum großen Ziel reichte. Das Beste, so Stanway nach dem gelungenen Start, sei ohnehin der „Lärm der Fans“ gewesen.
Gespannt auf die Unterstützung der Fans ist auch Deutschlands Nationalstürmerin Laura Freigang. Für sie ist die EM in England, wo das deutsche Team am Freitag (21 Uhr MESZ, ZDF und DAZN) gegen Dänemark sein erstes Gruppenspiel bestreitet, ihr erstes großes internationales Turnier. Zwar hat sie in 13 Länderspielen bereits neun Tore erzielt, gilt aber dennoch eher als Joker.
Wie es ihr als Fußballerin in Deutschland so geht, hat sie gerade dem Spiegel im Interview erzählt: Sie sei erst durch die Fusion des 1. FFC Frankfurt mit Eintracht Frankfurt ihre finanziellen Sorgen losgeworden. „Vorher habe ich jeden Monat auf null Euro runter leben müssen, da blieb gar nichts übrig und oft musste ich mein Konto sogar überziehen. Weil ich neben dem Fußball studiert habe, konnte ich aber nicht auch noch einem zweiten Job nachgehen“, sagte die 24-Jährige. „Bei der Eintracht sind wir nun alle offiziell Profis. Wir bekommen mehr Geld und unsere Leistungen werden anerkannt.“
Sie sei „einfach froh, dass ich nicht mehr von meinen Eltern abhängig bin“, sagte Freigang weiter. „Das mit dem Frauenfußball zu erreichen, war bereits schwer genug.“ In der Bundesliga spielen die Frankfurterinnen seit zwei Jahren unter dem Dach der Eintracht. Zuletzt erreichten sie als Tabellendritte die Qualifikation zur Champions League.
Freigang wünscht sich, „dass viele Menschen einschalten und sich ohne Vorurteile ein Bild von uns und dem Fußball der Frauen machen“. Sie freue sich über Aufmerksamkeit. „Aber das extreme Umfeld, das wir vom Männerfußball kennen, die hohen Ablösen, die heftigen Reaktionen auf Misserfolge, wünsche ich mir für mich nicht“, sagte sie.