Russland bei Olympia? Die EU rügt Thomas Bach und die Haltung des IOC

Die EU hat sich mit einer Resolution gegen die IOC-Pläne gestellt, wonach Sportlern aus Russland und Belarus ein Olympiastart 2024 in Paris möglich werden soll.

Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko empfiehlt IOC-Präsident Thomas Bach, nach Butscha zu fahren, um sich ein Bild von der zerstörten Ukraine zu machen.
Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko empfiehlt IOC-Präsident Thomas Bach, nach Butscha zu fahren, um sich ein Bild von der zerstörten Ukraine zu machen.Sven Hoppe/dpa

Die Europäische Union (EU) zeigt mit einer Resolution gegen das Internationale Olympische Komitee (IOC) klare Kante, Wladimir Klitschko ist verärgert über dessen Chef Thomas Bach: Kurz vor dem ersten Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar haben sich die Fronten weiter verhärtet. Für eine erneute Zuspitzung sorgte die Europäische Union: Die EU verurteilte den Sport-Weltverband offiziell dafür, Wege für russische und belarussische Athleten zu finden, um an den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 in Paris teilzunehmen.

Eine entsprechende Resolution wurde mit 444 Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen und 37 Enthaltungen angenommen. Die 27 EU-Mitgliedstaaten werden darin aufgefordert, das IOC unter Druck zu setzen, seine Entscheidung, die als „eine Peinlichkeit für die internationale Welt des Sports“ bezeichnet wurde, rückgängig zu machen. Eine Teilnahme von Aktiven aus den beiden Ländern, ob neutral oder nicht, laufe „der facettenreichen Isolation dieser Länder zuwider“ und werde „von beiden Regimes für Propagandazwecke benutzt“.

Wladimir Klitschko rät Thomas Bach zu einem Besuch in Butscha

Außer sich ist der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko, dessen Bruder Vitali als Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew mitten im Kriegsgeschehen agiert. „Thomas Bach spricht die ganze Zeit von der Neutralität des IOC. Tatsache ist, dass Thomas Bach nicht neutral ist. Er vertritt eher die russischen Interessen als die olympischen Werte“, sagte der 46 Jahre alte ehemalige Weltklasse-Boxer im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Er rät Bach: „Ich meine, man muss eine ganz klare Linie ziehen ohne Kompromisse. Wir reden über Völkermord. Herr Bach sollte nach Butscha fahren. Es ist an der Zeit, dass er die Propaganda aus Moskau mit der Realität vor Ort vergleicht.“

Bach hatte sich bei der alpinen Ski-Weltmeisterschaft in Courchevel gegen politische Einmischung in dieser Frage verwahrt: „Es steht den Regierungen nicht zu, zu entscheiden, wer an welchen Sportwettbewerben teilnehmen darf.“

Am Wochenende folgte die Reaktion auf Wladimir Klitschkos Aussagen. „Der Olympischen Charta zu folgen, macht das IOC nicht zum Komplizen Russlands“, teilte ein IOC-Sprecher mit, es sei möglich, „solidarisch zur Ukraine zu stehen, ohne mit all ihren Forderungen übereinzustimmen“. Das IOC habe die Invasion von Beginn an verurteilt, es unterstütze zudem ukrainische Athletinnen und Athleten fortlaufend.

BMI sieht keinen Anlass zur Rückkehr russischer Sportler

Unterstützung erhält die Ukraine von deutscher Seite. Auch das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium (BMI) sprach sich jüngst klar gegen eine Eingliederung der Sportler aus Russland und Belarus aus. „Es gibt aus unserer Sicht keinen Anlass, den russischen und belarussischen Sport zur Rückkehr in die Wettkämpfe einzuladen“, teilte ein BMI-Sprecher mit.

Diese Meinung teilte am Sonnabend auch der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes Jürgen Kessing. „Solange nur eine Kugel oder eine Rakete in die Ukraine geschossen wird, möchte ich nicht mit Vertretern aus Russland und Belarus an einem Tisch sitzen oder mit ihnen zusammen Sport machen“, sagte Kessing am Rand der deutschen Hallen-Meisterschaften in Dortmund.