Sanktionen aufgehoben: Werden in Paris 2024 russische Athleten an den Start gehen?
IOC-Präsident Thomas Bach will russische und belarussische Athleten wieder in den Weltsport eingliedern. Die Ukraine reagiert erzürnt und droht mit Boykott.

In knapp anderthalb Jahren wird wieder das Olympische Feuer entzündet. Offen bleibt, ob in Paris 2024 wieder russische und belarussische Athleten unter neutraler Flagge starten dürfen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) kündigte an, Sanktionen gegen die Sportler zu lockern. Deutschland reagiert gespalten auf die Ankündigung, die Ukraine ist erzürnt und droht mit Boykott.
IOC-Chef Thomas Bach hat vergangene Woche verkündet, russische und belarussische Sportler in den Weltsport wieder einzugliedern. „Diese Überlegungen werden getragen – weltweit, durch eine riesengroße Mehrheit“, sagte der 69-Jährige, wobei er aus asiatischen und afrikanischen Komitees Unterstützung erhält. Dabei sollen laut Bach jegliche russischen und belarussischen Flaggen und Hymnen verboten sowie Sportfunktionären der Zutritt zu Veranstaltungen verwehrt bleiben. Auch Sportler, die sich öffentlich für den Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgesprochen haben, sollen in Paris nicht starten dürfen.
Während der Deutsche Olympische Sportbund – wenn auch unter „strengen Voraussetzungen“ – das Vorhaben, unter neutraler Flagge starten zu lassen, unterstützt, kritisiert die deutsche Athletenvereinigung diesen Schritt. Auch Innenministerin Nancy Faeser, die in Deutschland für den Spitzensport zuständig ist, sieht es zurzeit als „völlig falschen Weg“, russischen Sportlern die olympische Tür wieder zu öffnen.

Die Ukraine reagierte empört auf die Vorschläge aus Lausanne. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in einer Videobotschaft Thomas Bach ins umkämpfte Bachmut im Osten der Ukraine eingeladen. „Dort kann er mit eigenen Augen sehen, dass Neutralität nicht existiert", sagte Selenskyj. Auch das Nationale Olympische Komitee der Ukraine will sich zur Lockerung der Sanktionen beraten. Angeblich steht sogar ein Boykott ukrainischer Sportler im Raum, falls russische Sportler in Paris zugelassen werden.
We know how often tyrannies try to use sports for their ideological interests. It is obvious that any neutral flag of Russian athletes is stained with blood. I invite Mr. Bach to Bakhmut. So that he could see with his own eyes that neutrality does not exist. pic.twitter.com/icSdvgpD87
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) January 27, 2023
In Moskau nimmt man die Pläne wohlwollend auf. Das Olympische Komitee Russlands fordert schon seit längerem die Aufhebung aller Sanktionen für seine Athleten im Hinblick auf die Sommerspiele in Paris auf. „Russen müssen genau zu den gleichen Bedingungen teilnehmen wie alle anderen Athleten“, sagte der Vorsitzende Stanislaw Posdnjakow laut nationaler Nachrichtenagenturen. Alle zusätzlichen Bedingungen seien „unerwünscht, vor allem die mit politischen Untertönen, die für die olympische Bewegung völlig inakzeptabel sind“.
Ein kürzlich stattfindendes Großereignis hat jedoch gezeigt, dass Ukrainer und Russen unter neutraler Flagge gegeneinander im Wettkampf auftreten können. Während der Australian Open, eines von vier Grand-Slam-Turnieren im Tennis, spielten die Ukrainerin Kateryna Baindl und die Russin Kamilla Rachimowa eine Erstrundenpartie. Das Match fand zwar regulär statt, wurde jedoch von einem Flaggen-Eklat überschattet. Die weiß-blau-rote Trikolore hing während der Partie in Melbourne, obwohl die Veranstalter russische und belarussische Fahnen vom Turniergelände verbannt hatten.
Seit dem russischen Angriffskrieg sind russische Sportler weitestgehend vom Weltsport ausgeschlossen. Aufseiten der Ukraine sind seit Februar 2022 wiederum über 180 Athleten getötet worden. Ob und inwieweit ukrainische Sportler gegen russische Athleten antreten werden, bleibt unklar.