Selbstzweifel: Bei Union ist eine verhaltene Euphorie der Ernüchterung gewichen

Berlin - Eigentlich wähnte man sich in Köpenick jetzt vor der aufregendsten Woche seit dem Zweitliga-Aufstieg 2009. Am Sonntag ist der Hamburger SV zu Gast. Dem vor der Saison als übermächtig eingestufte Bundesligaabsteiger wollte der 1. FC Union drei Spieltage vor Schluss den begehrten zweiten Platz entreißen. Und nun? Nach dem schmeichelhaften 1:1 in Fürth am Ostersonnabend herrscht im Südosten der Stadt eine große Ernüchterung.

Noch immer lässt sich der HSV überflügeln. Ein Sieg gegen Pierre-Michel Lasogga, Aaron Hunt & Co., und die Eisernen würden an den Rothosen vorbeistürmen. „Es ist eine Riesenchance für uns“, hofft Mannschaftskapitän Christopher Trimmel.

Doch die Vorzeichen haben sich verändert. Und schuld daran ist – neben der eigenen desolaten Performance der letzten Wochen – der SC Paderborn. Die Ostwestfalen, die unter der Anleitung ihres Übungsleiters Steffen Baumgart von Erfolg zu Erfolg eilen, sind derzeit lachender Dritter. Wenn Union gegen den HSV wieder in die Erfolgsspur findet, könnte der SCP ja auch an den Hanseaten vorbei auf Rang zwei stürmen. Selbst bei einem Unentschieden der beiden Kontrahenten wäre Platz zwei für die Ostwestfalen greifbar. Weil die Tordifferenz – bislang der Pluspunkt der Eisernen im Aufstiegsrennen – ebenfalls für den Zweitliga-Aufsteiger spricht.

Entsprechend gedrückt ist die Stimmung in Köpenick. „Einige von uns haben derzeit nicht das größte Selbstvertrauen“, räumte Trimmel unumwunden ein. Das zurückzuholen, ist schwer. „Das kann man nicht trainieren“, gibt Trimmel zu. Von Euphorie keine Spur mehr. Der Glaube an sich selbst, der in der Hinrunde zu 17 Spielen ohne Niederlage geführt hatte, ist dem Selbstzweifel gewichen.

In den 90er Jahren gab es mal einen Fanschal – die Unaufsteigbaren. Es war die wilde Nachwendezeit, als Union Lizenzen verweigert bekam, sich den Ruf der Unaufsteigbarkeit hart erarbeitet hatte durch finanzielle Unzulänglichkeiten im Verein und sportliches Scheitern kurz vor dem Ziel. Finanziell ist alles im Lot. Aber sportlich fühlt sich heute manch einer fast bemüßigt, diesen Schal wieder hervorzukramen.