Gewalt, Diebstähle, aufgebrachte Fans und eine überforderte Polizei: Nach dem Chaos beim Champions-League-Finale blickt die Sportwelt sorgenvoll auf die Olympischen Spiele in Paris. Die Sicherheit beim Mega-Event in zwei Jahren bereitet nicht bloß den Veranstaltern Kopfzerbrechen. Selbst Frankreichs Präsident ist alarmiert.
Emmanuel Macron forderte seine Regierung am Mittwoch höchstpersönlich zur Untersuchung der schlimmen Vorfälle am vergangenen Wochenende auf. „Was der Präsident will [...] ist, dass Licht auf das geworfen wird, was wirklich passiert ist, in voller Transparenz und sehr schnell“, ließ Macron nach einer Kabinettssitzung über seine Sprecherin ausrichten.
105 Festnahmen rund um das Champions-League-Finale
Für Frankreich geht es bei der Aufarbeitung der wilden Szenen rund um das Stade de France längst nicht mehr um bloße Aufklärung – für das Land, so beschreibt es Der Spiegel, „steht nichts Geringeres als die Reputation als Gastgeber großer Sportveranstaltungen auf dem Spiel“. Zumal Berichte über rund um das Stadion marodierende Banden die Runde machen.
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238 Verletzte, 105 Festnahmen – so lautet die nüchterne Bilanz rund um die Partie zwischen dem FC Liverpool und Real Madrid. Doch es sind vor allem die schockierenden Bilder von weinenden Kindern, von Tränengas-Einsätzen gegen Familien und von auf engstem Raum eingepferchten Fans, die vom Organisationsfiasko haften bleiben.
Die Olympia-Macher in Paris sind beunruhigt. Tony Estanguet, Organisationschef der Sommerspiele 2024, schaut mit Argusaugen auf die längst nicht abgeschlossene unabhängige Untersuchung der schlimmen Vorfälle durch die Europäische Fußball-Union (Uefa). „Wir werden sehr genau hinhören, was das Ergebnis der Analyse sein wird“, sagte Estanguet im Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP. Man werde „alle Lehren“ daraus ziehen.
Andere haben ihr Urteil längst gefällt. Während der von Macron weiterhin gestützte Innenminister Gerald Darmanin die Schuld am Montag lapidar bei Ticketfälschern und zu spät angereisten britischen Fans ablud, rückt bei Fanvertretern ein mögliches Behördenversagen immer mehr in den Fokus. Die Polizei war offensichtlich überfordert, es seien, das sagte selbst Mathieu Valet von der Polizeigewerkschaft SICP der BBC, für diese Situation zu wenige Beamte im Einsatz gewesen.
Heiß diskutiert wird an der Seine die Rolle von einheimischen Unruhestiftern. Junge Männer aus den umliegenden Banlieues, die ohne Tickets ins Stadion zu gelangen versuchten, schreibt Der Spiegel, sollen das Chaos mit angeheizt haben. Steve Rotheram, Bürgermeister der Region Liverpool City, berichtete, dass ihm „wie zu vielen anderen“ sein Telefon und andere Habseligkeiten gestohlen wurden, „als wir uns dem Stadion näherten“.