Sieg gegen den Hamburger SV: Der Aufstieg rückt für den 1. FC Union Berlin näher
Berlin - Als alles vorbei war, stand Grischa Prömel mit einem dick bandagierten linken Knöchel in den Stadionkatakomben. Der 1. FC Union hatte soeben 2:0 gegen den Hamburger SV gewonnen und war wieder auf Relegationsplatz drei gerutscht. „Wunden verheilen, aber der Stolz bleibt“, flüsterte Prömel mit Blick auf seinen lädierten Fuß und schmunzelte über seine pathetischen Worte.
Beinahe hätte sich Prömel eine weitere Blessur beim Jubeln zugezogen. Er hatte mit einem Distanzschuss sechs Minuten vor Schluss für das 2:0 gesorgt. Danach war er zu den tobenden Fans auf der Waldseite der Alten Försterei gestürmt, in eine Werbebande gekracht und von seinen Mitspielern beinahe erdrückt worden. „Da kamen viel Liebe und viel Bier auf mich hinab“, sagte Prömel. Bis zum erlösenden Schuss waren es schweißtreibende 90 Minuten für Union.
Neue Taktik bei Union
Beide Trainer hatten ihre Teams umgestellt. Während der HSV das Spiel eher kontrolliert begann, mit Pierre-Michel Lasogga und Manuel Wintzheimer die zwei besten Stürmer zunächst auf der Bank ließ, hatte sich Urs Fischer etwas ganz Neues überlegt. Die Köpenicker starteten erstmals seit dem 0:3 in Aue im Dezember mit zwei zentralen Stürmern, allerdings nicht mit Sebastian Andersson und Sebastian Polter. Stattdessen durfte Suleiman Abdullahi neben Andersson auflaufen, Polter auf der Bank Platz. Dahinter übernahm Julian Ryerson in einer engen Raute die Rolle des rechten, zentralen Mittelfeldspielers.
Union drückte sofort auf das Tor von Julian Pollersbeck und hatte in der zweiten Minute eine gute Chance, als Andersson eine flache Hereingabe von Abdullahi am Tor vorbeischob. „So eine Chance darf man nicht verspielen, die muss man nutzen“, ärgerte sich Unions Trainer Urs Fischer noch nach der Partie.
Fleißig, aber zu hastig
Union präsentierte sich im ersten Durchgang fleißig, doch beim letzten Pass oder im Abschluss schließlich doch zu hastig. Ein Problem, das die Köpenicker in den vergangenen Wochen häufig auf die Angst, einen Fehler zu machen, geschoben hatten. Auch deshalb hatte sich die Mannschaft am Osterwochenende zu einer lautstarken Aussprache getroffen, war danach ins Kurztrainingslager nach Kienbaum gefahren und hatte bei einem Barbecue die Wogen wieder geglättet.
Doch manchmal sind eben die einfachsten Lösungen die besten. Im Fußball: Tore. Und die lieferte Union mit dem Wiederanpfiff. Der HSV ließ Abdullahi nach nicht mal 30 Sekunden Platz, der Nigerianer legte auf Robert Zulj ab und der traf zum 1:0. „Als hätten wir uns selbst in Rückstand geschossen“, bewertete HSV-Trainer Hannes Wolf nach dem Spiel.
Rotwürdiger Tritt
Jetzt hatten die Unioner die Gäste genau da, wo sie sie haben wollten. Hamburg musste reagieren, Räume öffnen, die Köpenicker konnten kontern, hatten zudem auch mehr Platz bei Standards. Wolf war unzufrieden und brachte Hee Chan Hwang und Lasogga: „Am Ende war es aber egal, wie viele Stürmer wir noch eingewechselt haben – wir hatten einfach keine Chance mehr.“
Denn waren es vor der Pause noch die Eisernen, die gute Möglichkeiten mit überhasteten Abschlüssen vergaben, hing das nun an den Gästen – während Union immer wieder konterte. Was fehlte allerdings war: die Entscheidung. Und Schiedsrichter Sascha Stegemann weigerte sich indirekt einzugreifen, als er in der 80. Minute Douglas Santos, der nach einem deftigen Tackling von Felix Kroos wie ein Huftier ausgetreten hatte, nur die Gelbe Karte für den Brasilianer zeigte.
Doch dann war er da, der Moment, in dem sich Grischa Prömel schließlich ein Herz fasste, aus zwanzig Metern einfach draufhielt und in einer Welle aus Liebe und Bier ertrank. Da war dann auch der lädierte Knöchel egal. Denn: Wunden verheilen – aber Unions Hoffnung auf den Aufstieg bleibt.