Novak Djokovic empört über Russen-Ausschluss in Wimbledon
Russische und belarussische Tennisprofis dürfen dieses Jahr nicht am Rasenklassiker Wimbledon teilnehmen. Das ruft Kritik bei vielen Profis hervor.

Der serbische Topstar Novak Djokovic nennt es „verrückt“. Die WTA, ATP und Martina Navratilova finden die Sanktion nicht gerecht. Der Alleingang von Wimbledon mit dem pauschalen Ausschluss russischer und belarussischer Tennisprofis hat heftige Kritik und reichlich Diskussionen ausgelöst. Dem prestigeträchtigsten Tennis-Turnier der Welt müssen in diesem Sommer Titelkandidaten wie US-Open-Sieger Daniil Medwedew und die Weltranglisten-Vierte Aryna Sabalenka fernbleiben.
Für die Organisatoren ist dies eine notwendige Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Es ist eine Entscheidung für einen umfassenderen Ausschluss von Spielerinnen und Spielern, wie es sie zumindest aus politischen Gründen in den vergangenen Jahrzehnten im Tennis nicht gegeben hat.#
Djokovic gegen Einmischung der Politik
„Wir wollen sie nicht komplett ausgeschlossen haben“, sagte die ukrainische Spitzenspielerin Jelena Switolina am Donnerstag der BBC. „Wenn Spieler nicht ihre Stimme erheben gegen die russische Regierung, dann ist es das Richtige, sie auszuschließen.“ Wie andere ukrainische Spieler hatte die pausierende 27-Jährige zuvor die Organisationen WTA und ATP zu einer Aufforderung an die russischen und belarussischen Spieler aufgerufen, sich klar zu positionieren.
Athletinnen und Athleten allgemein hätten mit dem Krieg nichts zu tun, meinte der serbische Weltranglisten-Erste Djokovic. „Wenn sich die Politik in den Sport einmischt, ist das Ergebnis nicht gut“, sagte der sechsmalige Wimbledonsieger. Der 34-Jährige erinnerte angesichts der Kriege im Balkan daran, dass er selbst ein Kriegskind sei. Er sei der Erste, der Kriege verurteile, betonte Djokovic auch mit Blick auf das Leid der Zivilbevölkerung in Kriegen.
Wimbledon prescht vor
Auch Tennis-Ikone Navratilova fühlt mit der ukrainischen Bevölkerung und den Sportlern, hält den Ausschluss für das traditionsreiche Grand-Slam-Turnier vom 27. Juni bis zum 10. Juli aber für falsch. „Tennis ist ein solch demokratischer Sport. Es ist schwierig, wenn man sieht, dass die Politik ihn zerstört.“ Der Krieg sei schrecklich. Der Ausschluss gehe aber über das hinaus, was erforderlich sei.
Wimbledon greift zu einem Schritt, der andere Maßnahmen im Tennis überschreitet. Der Weltverband ITF hatte zwar Russland und Belarus aus der Teilnehmerliste für die Mannschaftswettbewerbe Davis Cup und Billie Jean King Cup wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine gestrichen. Wimbledon ist aber das erste Turnier, das Einzel- und Doppelspieler wegen der russischen Invasion in der Ukraine ausschließt.
Russische Profis sonst weiter dabei
Auf der ATP- und WTA-Tour spielen Russen und Belarussen weiter mit - nur nicht unter ihrer Nationalflagge. Auch beim derzeit laufenden Sandplatz-Hallenturnier in Stuttgart fehlt beispielsweise in der Auslosung und im Spielplan die Herkunft etwa bei der belarussischen Wimbledon-Halbfinalistin Sabalenka. Als nächstes Grand-Slam-Turnier stehen die Ende Mai beginnenden French Open in Paris an.
Auch die Profi-Organisationen WTA und ATP reagierten am Mittwochabend mit Kritik, nachdem die Veranstalter des Rasenklassikers vorangehende Medienberichte zum Ausschluss offiziell bestätigt hatten. Die ATP teilte mit, es sei „unfair“, Spieler wegen ihrer Nationalität zu diskriminieren, und die Entscheidung habe „das Potenzial, ein schädlicher Präzedenzfall“ zu werden.
Wimbledon: Einfluss Russlands beschränken
Die WTA werde Schritte und mögliche Maßnahmen gegen diese Entscheidung prüfen, hieß es in einer Stellungnahme der Damen-Organisation. „Die WTA hat immer wieder betont, dass einzelne Sportlerinnen und Sportler nicht aufgrund ihrer Herkunft oder aufgrund von Entscheidungen der Regierungen ihrer Länder bestraft oder an der Teilnahme gehindert werden dürfen“.
Die Wimbledon-Organisatoren räumten ein, es sei hart für die Betroffenen, dass sie unter den Handlungen der russischen Führung leiden müssten. Es stünde mit in der Verantwortung des Turniers den weltweiten Einfluss Russlands mit den möglichen Mitteln zu beschränken, begründeten sie ihren Schritt. Angesichts des Krieges wäre es nicht zu akzeptieren, dass das russische Regime Nutzen aus den Auftritten von Tennisprofis in Wimbledon ziehen könne.