Trainer-Wechsel: Sasa Obradovic verlässt Alba ohne Reue

Seine Abschiedsrede hat Sasa Obradovic schon vor einer Woche gehalten. Nur war das nicht allen klar, die sich im Foyer der Arena am Ostbahnhof versammelt hatten, vielleicht nicht einmal Obradovic selbst.

Er hatte zu den Fans gesagt, dass er zufrieden sei mit der Entwicklung von Alba in den vergangenen vier Jahren und dazu dann auch zufrieden gelächelt. Er sagte, dass die Berliner Basketballer unter ihm als Trainer eine klare Identität entwickelt hätten mit deutschen Spielern als Markenkern, dass Alba immer einen Platz in seinem Herzen habe.

Als am Montagnachmittag dann offiziell feststand, dass Obradovic den Klub verlässt, weil sein ausgelaufener Vertrag nicht verlängert wird, konnte sich der 47-Jährige eigentlich nur wiederholen. „Nun ist es an der Zeit, etwas Neues zu beginnen“, hat er gesagt.

So ähnlich hat sich dann auch Marco Baldi geäußert, nur eben auf seinen Arbeitsbereich bezogen. „Wir wollen auf der Position des Trainers einen neuen Impuls setzen“, hat Albas Geschäftsführer erklärt. „Für Sasa war das jetzt keine Superüberraschung.“ Baldi erzählt: „Wir haben uns tief in die Augen gesehen und uns in aller Offenheit gefragt, was wir nach den vier Jahren noch oben draufpacken können.“ Die Antwort hätten sie relativ schnell und einvernehmlich gefunden.

Trainer bringen sich ins Gespräch

Wieder einmal geht bei Alba ein Kapitel zu Ende. Es hat eine interessante Handlung gehabt mit Höhen und Tiefen. Die Pokalsiege 2013, 2014 und 2016 zum Beispiel sowie in der deutschen Meisterschaft der Einzug ins Finale gegen den FC Bayern 2014 und die Qualifikation für die Runde der besten 16 in der Europaliga, beinahe sogar der Sprung unter die Top acht vor einem Jahr. Es gab ebenso Rückschläge wie das frühe aus im Viertelfinale der Playoffs, in Obradovics erstem Jahr als Albas Chefcoach wie nun auch in seinem letzten.

Ein Kapitel geht bei Alba zu Ende, nicht aber eine Ära. Baldi sagt: „Grundsätzlich wird sich nicht viel ändern.“ Das ist ein wichtiges Kriterium bei der Suche nach einem Nachfolger für Obradovic. Er soll geeignet sein für das Programm, mit dem sich Alba in einem schwierigen Markt seit drei Jahren zu behaupten sucht. Gegen nationale Konkurrenz mit einem deutlich höheren Personaletat wie die Bayern oder Bamberg und mit der Strategie, das Potenzial von Spielern zu erschließen.

Dass Alba noch keine Perspektive für Europa bieten kann, da noch nicht feststeht, in welchem internationalen Wettbewerb der Klub antreten wird, sehen die Berliner Verantwortlichen nicht als Hinderungsgrund bei der Akquise eines neuen Übungsleiters. Es gibt offenbar viele Trainer, die sich das zutrauen: eine Mannschaft entwickeln und erfolgreichen Basketball spielen. Jedenfalls haben viele Trainer das Marco Baldi und dessen Sportdirektor Himar Ojeda in den zurückliegenden Tagen und Wochen so mitgeteilt. „Beim Final Four der Euroleague“, erzählt Baldi, „da konnte man sich nicht umdrehen, ohne von einem Coach angesprochen zu werden: , Interessantes Programm, das ihr da habt’ und so weiter.“ Bei der Coach Clinic anlässlich der Endrunde in der Arena am Ostbahnhof versammelte sich die kontinentale Trainerschaft in Kompaniestärke. Auch der Berater von Ainars Bagatskis wurde am Rande des Turniers gesichtet. Der Lette soll einer der Anwärter auf die Nachfolge Obradovics sein.

„Es ist nicht so, dass wir jetzt ein paar Tage aus Pietätsgründen warten und dann den neuen Trainer vorstellen“, sagt Baldi jedoch. Der Geschäftsführer sieht sich und Ojeda nicht unter Druck. „Himar hat jetzt die zentrale Rolle bei der Trainersuche und muss sich dabei nicht überschlagen. Wir können auch ohne Coach das Team für die kommende Saison komplettieren, aber optimal wäre es natürlich, wenn der Coach dann schon da ist.“ Keine übertriebene Hast, aber auch kein übertriebenes Zaudern?

Vorerst wird jeder neue Tag wohl auch neue Gerüchte hervorbringen. „Jetzt werden viele Namen aufpoppen, aber man darf nicht alles glauben“, sagt Baldi. Agenten versuchen, ihre Klienten auf dem Markt in Position zu bringen. Der Marktwert von Obradovic steht längst fest. Auch er wird bereits gerüchtehalber mit anderen Vereinen verkuppelt. Mit Roter Stern Belgrad zum Beispiel, wo er Kultstatus genießt, wie sich im vergangenen Jahr beim Gastspiel mit Alba in der Euroleague zeigte. Ein Angebot aus der Türkei wird kolportiert, weil es in der Türkei Klubs mit viel Geld gibt. Die Bundesliga wird ins Spiel gebracht, vielleicht weil ein Wechsel zum FC Bayern eine pikante Note hätte. Valencia? Kaffeesatzleserei, vorerst.

Optionen für den Coach

Obradovics Zukunft mag noch offen sein, Sorgen machen muss er sich nicht. „Es gab schon im vorigen Jahr interessante Optionen für uns“, hat Milenko Bogicevic beim Saisonabschluss vergangene Woche in der Arena am Ostbahnhof verraten. Der treue Assistent wird Obradovic zum neuen Engagement folgen, wen auch immer Berater Misko Raznatovic als künftigen Arbeitgeber an Land zieht. „Es sah schon danach aus, als würden wir zu Panathinaikos Athen gehen“, hat Bogicevic über den Sommer 2015 erzählt: „Dann hat sich doch noch eine Lösung mit Alba gefunden.“ Diesmal fand sich diese Lösung nicht.

„See you“, hat Bogicevic schließlich zum Abschied gesagt. Man sieht sich immer zwei Mal im Basketball, mindestens. Alba Berlin und Sasa Obradovic dürften sich künftig mit einem guten Gefühl begegnen. „See you“, sagt auch der Trainer: „Ich danke dem Klub und den Fans für vier großartige Jahre.“