Transferpolitik: Immer volles Rohr bei Alba

Berlin - Jetzt sind sie auf sich allein gestellt. Jetzt zählt Teamgeist nicht. Sie laufen auf und ab, ein Sensorband um die Brust, das mit einer Pulsuhr verbunden ist. DaShaun Wood trabt drüben die Außenlinie entlang, Albert Miralles läuft auf der anderen Seite in die entgegengesetzte Richtung. Dazwischen all die anderen Alba-Profis, die zum Training gekommen sind. Angestrengte Gesichter, Schweiß tropft auf das Parkett: An die Grenzen gehen, jeder für sich – das könnte der Titel dieser Übung sein. Er würde gut passen in diese Zeit.

Harter Dezember

Am Donnerstag empfangen die Berliner Basketballer in der Arena am Ostbahnhof Unicaja Málaga (20 Uhr). Sie sind bereits für die nächste Runde der Euroleague qualifiziert. So gesehen geht es in der Partie um nichts. Es gibt aber eine andere Perspektive auf das Duell. Sie erschließt sich beim Blick in Albas Trainingshalle, auf den Grenzgang mit Pulsuhr.

Darauf, wer daran teilnimmt und vor allem wer nicht. Kurz bevor sie losgelaufen sind, ist Nihat Djedovic in einem Nebenraum verschwunden, um sich eine Verhärtung im Oberschenkel wegkneten zu lassen.

Deon Thompson fehlt, weil er am Sonntag beim Sieg gegen den FC Bayern umknickte. Vule Avdalovic und Heiko Schaffartzik hat eine Infektion erwischt. „Im Dezember ist es hart“, sagt Albas Trainer Sasa Obradovic. Es geht darum, den Rhythmus zu halten, daher Rückschläge zu vermeiden, auch in Partien, die scheinbar bedeutungslos sind.

Wundersames zu Weihnachten

Der Dezember stellt ein Basketballteam mit internationalen Aufgaben vor besondere Herausforderungen. Der Terminkalender ist prall gefüllt. Die Berliner bestreiten bis zum Jahresende noch neun Begegnungen, etwa alle zweieinhalb Tage eine. Sie treten bei Maccabi Tel Aviv in Israel bei milden 20 Grad an und landen zu Hause bei eisiger Kälte. Die Klimazonen wechseln wie die Gegner.

„Oft zeigt sich im Dezember die Qualität eines Teams“, sagt Obradovic. „Ein weniger gutes Team mag stark starten, doch im Winter kann es aus Mangel an Qualität anfangen zu verlieren.“ Manchmal reicht schon ein Mangel an Konzentration. „Weihnachten steht vor der Tür“, sagt Obradovic, „man denkt an andere Dinge und ist nicht komplett aufs Spiel fokussiert.“

Selbst Klubs, die sich eine solide Personaldecke leisten, kommen mitunter aus dem Takt. Vor einem Jahr musste Alba ohne die verletzten Center Yassin Idbihi und Torin Francis zurechtkommen. „Das hält man eine Weile durch“, sagt Sportdirektor Mithat Demirel. Irgendwann macht sich eine solche Schwächung aber bemerkbar. Nach Weihnachten verlor das eingespielt geglaubte Team seine Form, mochte es dafür auch mehrere Gründe gegeben haben.

Für jeden Fall gibt es ein Szenario

In diesem Jahr haben die Berliner ihre Personalpolitik wieder auf eine Doppelbelastung, diesmal mit Euroleague und Bundesliga (BBL) ausgerichtet. „Wir haben Albert Miralles am Anfang als siebten Ausländer verpflichtet“, sagt Demirel. In der BBL dürfen nur sechs Ausländer auflaufen, einer pausiert und schont sich fürs internationale Geschäft. So der Plan.

Als sich Nathan Peavy verletzte, kam Brian Randle und nach seinem Ausfall Derrick Byars. Über dessen Weitbeschäftigung muss bis zum 31. Dezember entschieden werden. Nun warten sie ab, wer wann wie zurückkommt. „Es gibt für jeden Fall ein Szenario“, sagt Geschäftsführer Marco Baldi. „Die Verpflichtung eines neuen Spielers ist nicht ausgeschlossen.“ So weit eine sinnvolle Verstärkung jetzt noch zu finden ist.

„Spielerisch können wir Ausfälle kompensieren“, sagt Baldi, „energetisch nicht.“ Denn Energie steckt reichlich im Alba-Spiel. Obradovics Systeme verlangen danach. Der Charakter des Teams sowieso, wie Baldi sagt: „Diese Mannschaft kann nur volles Rohr.“ Vorerst müssen das jene schaffen, die einsatzfähig sind. „Jeder, der spielen kann, muss sein Maximum geben“, sagt Obradovic. Byars könnte gegen Málaga mehr Einsatzzeit bekommen als die 9:40 Minuten vor einer Woche beim 67:64-Sieg gegen Gdynia.

Auch Byars ist mit Pulsuhr durch die Halle getrabt. Als die Kollegen zum Duschen gehen, macht er weiter. Er nimmt sich einen Ball und wirft auf den Korb, immer und immer wieder. Der Dezember kann entscheidend sein. Der Dezember ist hart.