Oksana Chusovitina: Die Turnerin, die Claudia Pechstein überholen könnte
Die Usbekin, die 2008 für Deutschland Olympiasilber gewann, turnt in Cottbus. Dort will sie Qualifikationspunkte für ihre neunten Olympischen Spiele sammeln.

Es sieht tatsächlich so aus, als könnte Oksana Chusovitina doch noch Claudia Pechstein überholen. Nicht mit Schlittschuhen, denn Chusovitina ist Turnerin – aber bei Teilnahmen an Olympischen Spielen. Da hatte die Berliner Eisschnellläuferin 2022 in Peking nach ihren achten Winterspielen angekündigt, es seien nun wirklich ihre letzten gewesen. Pechstein ist an diesem Mittwoch 51 Jahre alt geworden. Bei Winterspielen hat es keine Frau vor ihr geschafft, achtmal dabei zu sein. Bei Sommerspielen schon: die 1,53 Meter große, 44 Kilogramm leichte und mittlerweile 47 Jahre alte Oksana Chusovitina, die ihre Karriere im usbekischen Teil der Sowjetunion begann.
Wie Pechstein erlebte Chusovitina Olympia erstmals 1992. Die eine debütierte in Albertville, die andere in Barcelona. Die eine gewann Bronze über 5000 Meter, die andere Gold im Team der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Chusovitinas Spezialität ist der Sprung. Bei den Sommerspielen 2008 in Peking holte sie an diesem Gerät die Silbermedaille für Deutschland. Denn 2002 war sie mit ihrem damals dreijährigen Sohn Alischer von Taschkent nach Köln gezogen. Der Kleine war an Leukämie erkrankt. Chusovitina wohnte im Schwesternheim der Uniklinik und finanzierte Alischers Behandlung mit Preisgeldern und Spenden. Er wurde geheilt.
Edle Bettwäsche als Abschiedsgeschenk für Chusovitina
Nachdem Chusovitina 2003 im Sprung Weltmeisterin für Usbekistan geworden war, drängte der Deutsche Turner-Bund (DTB) auf eine Einbürgerung. 2006 war es so weit. Schon damals wurde sie nicht nur Grande Dame, sondern auch Turn-Oma genannt. Zahlreiche Rücktrittsankündigungen später turnte sie zuletzt 2021 in Tokio bei Olympia mit. Diesmal wieder für Usbekistan. Sie verpasste allerdings das Finale und sagte, das sei’s gewesen mit der Turnkarriere. Sie sei ausgelastet mit ihrer Turnschule in Taschkent, wo sie mit dem früheren Ringer Bachodir Kurpanow verheiratet ist.
Schon 2012 bei Olympia in London hatte der DTB die kraftvolle Turnerin mit edler Bettwäsche „zum Ausruhen“ verabschiedet. Doch Ruhe ist nicht ihr Ding. Denn von diesem Donnerstag an macht sich Chusovitina beim Weltcupturnier der Meister in Cottbus, das sie schon 15 Mal gewann, doch wieder daran, Punkte für Olympia 2024 in Paris zu sammeln.
Sollte sie es erneut zu Olympia schaffen, hätte Chusovitina nicht nur Pechstein überholt. Sie würde auch mit der georgischen Sportschützin Nino Salukwadse gleichziehen, der einzigen Frau, die bislang neunmal bei Olympia antrat. Wobei Salukwadse (54) in Paris schon ihren zehnten Olympia-Auftritt anpeilt.