UCI sperrt Radstar: Das muss Armstrong nun fürchten
New York - Lance Armstrong legte einen schon beinahe bewundernswerten Galgenhumor an den Tag, als er nach den schlechten Nachrichten der vergangenen Wochen am Sonntag erstmals an die Öffentlichkeit trat. „Es ging mir schon einmal besser“, sagte der US-Amerikaner bei einer Veranstaltung seiner Krebsstiftung, von deren Vorsitz er erst Tage zuvor zurückgetreten war. „Aber mir ging es auch schon schlechter.“ In den Tagen zuvor hatte der einstige Nationalheld herbe Schläge einstecken müssen.
Erst am vergangenen Freitag hatten Armstrong alle seine Hauptsponsoren fallen gelassen, inklusive des treuesten Geldgebers, der großzügigen Sportbekleidungsfirma Nike. Geschätzte 17 Millionen Dollar pro Jahr gingen Armstrong an einem einzigen Tag verloren. Am Montag teilte dann auch der US-Sonnenbrillenhersteller Oakley mit, dass er „basierend auf der Entscheidung der UCI und der erdrückenden Beweise, die die Usada vorgelegt hat“ seine Sponsorenbeziehung zu Armstrong beende.
Doch damit nicht genug. Auch am Montag verkündete der Präsident des Radsport-Weltverbandes Pat McQuaid, dass er nicht gedenke, vor dem Court of Arbitration in Sport um Armstrongs Tour-Siege zu kämpfen. Selbst die UCI, die sich so lange vor Armstrong gestellt hatte, lässt ihn nun fallen.
Ohne Toursieg keine Prämie
Den definitiven Verlust der Tour-Titel dürfte Armstrong zu diesem Zeitpunkt verschmerzen können. Damit hatte er sich schon abgefunden, als die US-Antidoping-Agentur (Usada) vor knapp zwei Wochen ihr Verdikt gefällt hatte. „Ich weiß, wer diese sieben Rennen auf der Straße gewonnen hatte“, sagte er trotzig bei einer Rede in Toronto.
Für sein Image in den Vereinigten Staaten und bei seinen Fans spielt die UCI-Entscheidung nach den vergangenen Wochen wohl auch keine große Rolle mehr. Die öffentliche Meinung ist eindeutig gegen Armstrong gekippt. „Wer jetzt noch an ihn glaubt, der will es nicht besser wissen“, schrieb die US-Journalistin Bonnie Ford. Doch gibt es anscheinend noch einige Leute, die es nicht wissen wollen. Zu Armstrongs jährlicher Radausfahrt gegen den Krebs in seiner Heimatstadt Austin am Sonntag traten immerhin 4300 Teilnehmer an.
Richtig wehtun dürfte Armstrong allerdings, dass nun mit Sicherheit die Regress-Prozesse gegen ihn beginnen. Besonders der Versicherer SCA wird kaum mehr zögern, seine 7,5 Millionen Dollar zurückzufordern, die er Armstrong als Prämie für seinen sechsten Tour-Sieg 2004 ausgezahlt hatte.
Wenn es keinen Toursieg gegeben hat, dann ist der Versicherer Armstrong auch keine Prämie schuldig. SCA hatte bereits 2005 das Geld von Armstrong reklamiert, nachdem der Londoner Journalist David Walsh in seinem Buch „LA Confidential“ überzeugende Beweise gegen Armstrong vorgelegt hatte. Dieser klagte damals auf Zahlung der Prämie und gewann. In dem Prozess bekräftigte er mehrmals unter Eid, nie gedopt zu haben.
Druck in den USA wird wachsen
In der vergangenen Woche wurden Video-Aufnahmen dieser Aussagen in einer australischen Dokumentation ausgestrahlt. Nach dem UCI-Urteil wird nun in den USA der Druck wachsen, wegen jener Aussage erneut ein Meineidsverfahren gegen Armstrong einzuleiten. Sollte er verurteilt werden, droht Armstrong womöglich eine langjährige Gefängnisstrafe.
Für beide Prozesse – den SCA-Prozess und einen möglichen Meineids-Prozess, wird Armstrong tief in die Tasche greifen müssen. Die Anwaltskosten dürften einen beträchtlichen Teil seines auf 125 Millionen Dollar geschätzten Vermögens auffressen. Außerdem könnte es passieren, dass Armstrong auch die Siegprämien für seine Tourerfolge zurückzahlen muss. Dies fordert zumindest Tour-Chef Christian Prudhomme. Wer einen Sieg aberkannt bekomme, müsse auch die Prämie zurückgeben, sagte Prudhomme am Montag. Allein für seine sieben Siege zwischen 1999 und 2005 hatte Armstrong rund drei Millionen Euro kassiert.