Vertragsverlängerung: 1.FC Union Berlin verständigt sich mit Toni Leistner auf pfiffige Klausel
Auch im Fußball des 21. Jahrhunderts ist es immer noch möglich, als Trainer bei der Ansprache an einen Profi mit einem ganz schlichten Hinweis eine ziemlich große Wirkung zu erzielen. Das hat sich am frühen Sonntagnachmittag beim 1:1 des 1. FC Union in Duisburg gezeigt, wie Unions Chefcoach Jens Keller im Nachgang zu berichten wusste.
„Ich hatte vor dem Spiel zu ihm gesagt: ‚Wird Zeit, dass du mal eins machst‘“, erzählte der 46-Jährige, womit er natürlich Bezug auf das Führungstor durch Toni Leistner nahm. Der, ergänzte Keller, sei so kopfballstark und habe schon viele Möglichkeiten gehabt. „Oft ist er an Bälle gekommen und hat sie aber nie setzen können. Jetzt hat er das endlich gemacht.“
Geliefert wie bestellt. Leistners erster Treffer in dieser Spielzeit war das. Obligatorisches Jahrestörchen geschafft – und das schon nach zwölf Spieltagen. Wobei es schon ein bisschen rätselhaft ist, warum der 1,90 Meter große Abwehrchef der Köpenicker einerseits im Defensivbereich fast jedes Luftduell gewinnt, andererseits in der Offensive infolge seiner formidablen Kopfballtechnik nicht noch öfter als Torschütze in Erscheinung tritt.
„So wie Toni in den Ball geht, wollte er unbedingt das Tor machen, so hätten wir das Spiel zu Ende spielen müssen“, lobte Stürmer Sebastian Polter seinen besten Kumpel nach dem Spiel gegen den MSV – haderte allerdings mit dem Remis.
Botschaft an die Kritiker
Das zeichnete sich nach 49 Minuten eher nicht ab. Abdrehen und sprinten zu Sebastian Bönig, Unions Co-Trainer, der mit den Profis immer die Standardsituation erarbeitet, war eins. Abklatschen und heftige Umarmung das andere. Doch zuvor fiel Leistner mit einer seltsamen Geste auf. Statt lauthals zu jubeln, legte er den Finger vor die Lippen.
Eine Botschaft an seine in den sozialen Medien agierenden Kritiker, die ihm unterstellen, er wäre mit dem Kopf woanders, nur weil er in den ersten Spielen der Saison nicht wie gewohnt auftrat. „Es gibt viele, die sagen, ich bin nicht bei der Sache. Denen wollte ich sagen, dass sie besser den Mund halten sollten“, erläuterte der 27-Jährige. Er hat schließlich Ziele. Auch und gerade mit Union.
Bislang war man davon ausgegangen, dass das Arbeitspapier des gebürtigen Dresdners im Juni kommenden Jahres automatisch endet und er dann frei über seine Zukunft entscheide kann. Leistners Vorliebe für England ist ja hinlänglich bekannt. Nur mühsam hatten die Köpenicker im Vorjahr seinen im Sommer 2017 auslaufenden Vertrag um weitere zwölf Monate verlängert.
Und beinahe hätte der, wenn es nach Leistners Kopf gegangen wäre, wenige Wochen später gleich wieder zerrissen werden können. 3,5 Millionen Euro wollte sich der englische Championship-Club Norwich City die Dienste des 27-Jährigen kosten lassen. Aber Unions Präsident Dirk Zingler durchkreuzte mit einem Nein die Absichten des Profis. Auch auf die Gefahr hin, dass Leistner im Juni 2018 ablösefrei sein würde. Letzteres trifft auch zu, allerdings nur, wenn Union tatsächlich den Aufstieg verpasst, wie jetzt erst bekannt wurde.
Helmut Schulte, Leiter der Lizenzspielerabteilung, hatte im Juni 2016 im zähen Ringen mit Leistners Berater Branko Panic in den Kontrakt eine Klausel einbauen lassen, die Leistner in der höchsten deutschen Spielklasse weitere zwölf Monate an Union bindet. Eine Option, die den Sachsen in Gehaltsbereiche vorstoßen lassen wird, die bislang an der Wuhle unbekannt waren.
Womit die Gefahr eines Abganges erst einmal beseitigt zu sein scheint. Zumal nicht gesagt ist, dass Leistner dann weiterhin auf die Insel wechseln will. Die Bundesliga ist ja erklärtermaßen sein zweites Traumziel. Falls doch, würde Union sich das fürstlich entlohnen lassen und durch die Erstliga-TV-Gelder passenden Ersatz beschaffen können.
Um den Leistungsträger zu halten, müssen die Köpenicker also nur noch aufsteigen. Wobei das eine oder andere, auf Geheiß des Trainers erzielte Tor des Innenverteidigers natürlich nicht schaden kann.