Vier Jahre nach der Gold-Kür: DEU stellt Berliner Coach König ins Abseits
Bei den Deutschen Meisterschaften in Neuss ist der frühere Trainer von Savchenko/Massot nur inoffiziell dabei. Stefano Caruso dagegen hat ein offizielles Amt.

Berlin - Es war für die deutschen Olympia-Zuschauer einer der emotionalsten Momente der vergangenen Winterspiele in Südkorea. Diese viereinhalb Minuten, in denen Aljona Savchenko und Bruno Massot in Pyeongchang mit einer Weltrekord-Kür zum olympischen Paarlauf-Gold glitten. Ihr Trainer Alexander König stand am Rande der Bande, er hatte Tränen in den Augen. Knapp vier Jahre später hat der renommierte Coach, der 1988 im Paarlaufen mit Peggy Schwarz DDR-Meister wurde und bei der EM in Prag die Bronzemedaille gewann, seinen Job als Bundestrainer verloren. Er ist bei den Deutschen Meisterschaften am Wochenende in Neuss nur noch inoffiziell dabei – auf ehrenamtlicher Basis.
Still und leise wurde der 55-Jährige bereits im Oktober von seiner Position entbunden. Nachvollziehen kann König diese Mehrheitsentscheidung im Vorstand der Deutschen Eislauf-Union (DEU) bis heute nicht. „Die offizielle Begründung war, man sehe keine Aufgabengebiete mehr für mich“, sagte König. Er war vor zweieinhalb Jahren nach Berlin zurückgekehrt, um am Aufbau eines Paarlaufzentrums mitzuwirken. „Dass die DEU jetzt nach fast zwei Jahren Pandemie sagt, ich hätte nicht die richtigen Impulse gesetzt, das ist sehr unsportlich, was da seitens unserer Führung passiert“, sagt König.
Reinhard Ketterer erwägt Kandidatur als DEU-Präsident
Eine Erklärung, die beim für den Leistungssport zuständigen DEU-Vizepräsidenten Reinhard Ketterer ratloses Kopfschütteln ausgelöst hat. „Der Paarlauf ist im internationalen Vergleich unsere beste Disziplin. Da haben wir immer noch einen kleinen Vorsprung gegenüber vielen internationalen Konkurrenten in Europa“, sagte Ketterer.
Der langjährige Berliner Bundesstützpunktleiter ist derart erbost, dass er erwägt, im Sommer 2022 selbst bei der Wahl zum neuen DEU-Präsidenten zu kandidieren. Amtsinhaber Dieter Hillebrand, seit 2006 an der Verbandsspitze, wird sich nicht mehr erneut zur Wahl stellen.
Für Ketterer ist die Demission des Pensionärs, der einst in leitender Position im Münchner Polizeipräsidium arbeitete, längst überfällig: „Wir haben intern autokratische Strukturen, die nicht mehr zeitgemäß sind.“
Verbandszwist überlagert sportliche Entscheidungen
Strukturen, die es möglich machen, dass sich die DEU zwar einerseits ohne Vorwarnung von einem Bundestrainer trennt, andererseits aber Stefano Caruso, den Honorarbundestrainer für den Eistanz-Nachwuchs, gegen den die Berliner Staatsanwaltschaft Berlin anlässlich mehrerer Anzeigen Ermittlungen wegen des Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen führt, einfach weiterbeschäftigt, als sei nie etwas gewesen. Die DEU hat Caruso als Assistent der Technischen Spezialisten für die Meisterschaften in Neuss ausgewählt, demnach bewertet er das technische Level der Meisterklasse Eistanz – Rhythmustanz in offizieller Funktion mit.
Hillebrand, der sich zur Trennung von König nicht äußern möchte, hatte seine Mehrheit für die umstrittene Personalentscheidung gegen den Bundestrainer Paarlauf nicht nur gegen Ketterer, sondern dem Vernehmen nach auch gegen die neue Sportdirektorin Claudia Pfeifer organisiert. Ketterer, 73, will allerdings nur zur Wahl antreten, wenn es ihm gelingt, ein junges Führungsteam um sich zu scharen: „Ein alter Mann an der Spitze ist genug.“
Der Verbandszwist überlagert die sportlichen Entscheidungen in der Neusser Eissporthalle – nicht ganz zu Unrecht. Denn bezüglich der Olympia-Qualifikation sind nahezu alle Würfel gefallen.
Die Berliner Paarläufer Minerva Hase und Nolan Seegert haben die geforderte Norm für Peking im Herbst ebenso erfüllt wie die deutschen Eistanz-Meister Katharina Müller und Tim Dieck aus Dortmund sowie Einzelläuferin Nicole Schott aus Oberstdorf.
Wobei Hase/Seegert den Standort Berlin, wo Alexander König sie betreut hatte, längst in Richtung Sotschi verlassen hatten, um dort Richtung Olympia neue Impulse zu erhalten. Das Berliner Paar Annika Hocke und Robert Kunkel tritt bei den Deutschen Meisterschaften nicht an.
Berliner Paul Fentz hofft noch auf die Olympia-Teilnahme
Offen ist daher nur noch das sportliche Schicksal von Paul Fentz. Der dreimalige Deutsche Meister aus Berlin darf in der olympischen Einzelkonkurrenz definitiv nicht an den Start gehen, hofft aber noch darauf, Teil des deutschen Teams im olympischen Mannschafts-Wettbewerb werden zu können.
Welche Nationen sich für diese noch junge olympische Disziplin qualifiziert haben, wird der Eislauf-Weltverband ISU aber erst in der kommenden Woche bekannt geben.