Der Widerstand gegen Gianni Infantinos WM-Pläne wird immer heftiger
Nachdem sich bereits der europäische Fußball gegen die Pläne des Fifa-Präsidenten formiert hat, stellt sich auch das IOC gegen die Fifa.

Berlin-Fast täglich spürt Gianni Infantino derzeit den heftigen Widerstand gegen seine kühne WM-Idee. Der europäische Fußball hat sich längst formiert und torpediert die Revolutionspläne des Fifa-Präsidenten nach Kräften, in der Sportwelt wächst der Unmut über das Vorhaben, die Männer-WM künftig alle zwei Jahre austragen zu lassen – und nun rebelliert auch noch das IOC gegen den Weltverband.
Das Internationale Olympische Komitee teile die Bedenken „und unterstützt den Aufruf von Vertretern des Fußballs, von internationalen Sportverbänden und Großveranstaltungen zu weiteren Konsultationen unter Beteiligung von Athleten-Vertretern, die offenbar noch nicht stattgefunden haben“, hieß es in einer Stellungnahme. Zudem habe Infantino IOC-Präsident Thomas Bach „zu keiner Zeit“ kontaktiert, „um die Vorschläge zu diskutieren“.
IOC fürchtet negativen Einfluss auf andere Sportarten
Das IOC fürchtet den negativen Einfluss einer Zwei-Jahres-WM auf andere Sportarten, jenen auf die Geschlechter-Gleichheit aufgrund der noch mächtigeren Stellung der Fußballer sowie jenen auf die Gesundheit von Profis angesichts noch größerer Belastung. Mit den Vorbehalten zu den angedachten Änderungen nach der WM 2026 steht der Ringeorden keineswegs alleine – die Debatte verschärft sich. „Die Uefa wird sich weiterhin dagegen wehren, bis der gesunde Menschenverstand siegt und die Pläne fallen gelassen werden“, schrieb die Europäische Fußball-Union (Uefa), auf deren Seite auch der Deutsche Fußball-Bund steht, und ging damit zum wiederholten Mal auf Konfrontationskurs. Jeder vermeintliche Reiz an der Vision sei „oberflächlich, während die Fallstricke groß sind“.
Infantino aber geht scheinbar unbeirrt seinen Weg, bei einem Besuch in Venezuela rührte er erneut die Werbetrommel. „Die Möglichkeit einer Reform des Kalenders mit einer Weltmeisterschaft alle zwei Jahre wurde aus der Sicht des Fußballs analysiert – und es ist möglich“, sagte der Schweizer und bekräftigte, dass eine Entscheidung noch in diesem Jahr getroffen werden soll. „Als vor etwa 100 Jahren beschlossen wurde, dass die Fußball-Weltmeisterschaft alle vier Jahre stattfinden sollte, hatte die Fifa 40 Mitgliedsstaaten. Es ist nun an der Zeit, die Angelegenheit zu analysieren“, führte Infantino aus.
Aufgabe der Fifa ist es laut des 51-jährigen Schweizers, „dafür zu sorgen, dass der Fußball wirklich global ist“. Der Präsident der Fifa ist nach dem Verständnis Infantinos „der Präsident von 211 Ländern – und jedes von ihnen hat das Recht zu träumen. Aber der Traum muss die Aussicht haben, wahr zu werden. Denn wenn man ewig träumen muss, wird man am Ende etwas anderes machen.“ Die Ausrichtung einer Weltmeisterschaft in höherer Taktung in Verbindung mit der Erhöhung der Teilnehmerzahl von 32 auf 48 Auswahlmannschaften ab 2026 würde den bisher unbedeutenden Fußballnationen „mehr Möglichkeiten zur Teilnahme bieten“, so Infantino.
Das Vorhaben, das eine Technische Beratungsgruppe um Fifa-Direktor Arsene Wenger vorgeschlagen hatte, erscheint vor allem für kleinere Verbände attraktiv. Das zeigte sich nicht zuletzt vor zwei Wochen bei Infantinos „Online-Gipfel“, an dem etwa Uefa-Präsident Aleksander Ceferin laut Medienberichten nicht einmal teilgenommen haben soll.
Ohne europäische Top-Teams gibt es wohl kein Turnier
Klar ist: Ohne die Top-Teams aus Europa wird es für Infantino wohl kein Turnier geben, das die erhofften Geldströme freisetzen kann. Und dort ist der Widerstand weiterhin groß. Zuletzt brandmarkten die Vorsitzenden der Fußballverbände aus Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und Island das Vorhaben als „schädlich für den Fußball“. Radsport-Weltverbandspräsident David Lappartient äußerte im Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP, er sei „besorgt über die Folgen für die Radsportwelt und unser Flaggschiff, die Tour de France.“ Der Deutsche Fußball-Bund hatte sich wiederholt ablehnend zu den Fifa-Plänen geäußert. Dass sich jüngst auch noch der Südamerika-Verband Conmebol mit den Europäern verbündete, ist keineswegs hilfreich. Hinter den Kulissen wird längst spekuliert, dass der Fifa-Boss Zeit schinden könnte – wohl um ein mögliches Desaster schadlos zu überstehen.