Staatsexperte zu Pofalla: "Wechsel ist Form der bezahlten Korruption"

Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim hat den möglichen Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla zur Deutschen Bahn scharf kritisiert. „Für mich ist das eine Form der bezahlten Korruption“, sagte von Arnim der Nachrichtenagentur dpa in Speyer. Er forderte für Regierungsmitglieder, die in ein Unternehmen wechseln wollen, mit dessen Bereich sie amtlich zu tun hatten, eine Karenzzeit von fünf Jahren.

Der mögliche Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla zur Deutschen Bahn ist heftig umstritten. Wie bewerten Sie den Fall?

Wenn hier ein früherer Kanzleramtsminister ziemlich direkt zur Bahn wechselt, ist das ein Unding. Es begründet den bösen Verdacht der Interessenkollision, denn Pofalla könnte schon in seinem politischen Amt die Interessen seines künftigen Arbeitgebers mit im Blick gehabt haben. Für mich ist das eine Form der bezahlten Korruption.

Was sollte getan werden, um solche Fälle zu verhindern?

Um solche Interessenskonflikte zu vermeiden und das Ansehen der Ministerämter zu sichern, muss eine Karenzzeit von fünf Jahren eingeführt werden. Sie sollte zumindest für die Regierungsmitglieder gelten, die in ein Unternehmen wechseln wollen, mit dessen Bereich sie amtlich zu tun hatten. Das scheint mir unerlässlich zu sein. Spätestens mit dem Wechsel von Ex-Kanzler Gerhard Schröder in die Wirtschaft wurde offensichtlich, dass eine derartige Regelung erforderlich ist, doch es gibt sie immer noch nicht. In den letzten Jahren sind solche Fälle immer häufiger vorgekommen. Immer mehr Regierungsmitglieder sind quasi im Drehtüreffekt zu Unternehmen übergewechselt, mit denen sie vorher auch amtlich befasst waren. Der Fall Eckart von Klaeden, der zur Daimler AG gewechselt ist, ist da nur ein Beispiel.

Woran liegt es, dass solche Fälle zunehmen?

Das scheint mir darauf zu beruhen, dass der Druck der Wirtschaft auf die Politik immer größer geworden ist. Zudem ist manchen Politikern offenbar der Wertekompass verloren gegangen. Für das Vertrauen der Bürger in die Demokratie ist der Fall Pofalla jedenfalls schädlich. Er schadet dem Ansehen des Kanzleramtes und der demokratischen Repräsentanten insgesamt. Die Menschen schütteln den Kopf darüber, dass es noch immer keine Regelungen gibt, die verhindern, dass man sich seinen politischen Einfluss versilbert. Ihnen drängt sich der Verdacht auf, das wäre überall und immer so, obwohl es nur einige wenige schwarze Schafe sind. Doch die rücken die ganze Innung in ein schlechtes Licht.

Warum handelt die Politik hier nicht?

Das kann ich nicht nachvollziehen. Es ist mir unbegreiflich, dass sich die Masse der Politiker von wenigen schwarzen Schafen vorführen lässt, statt rasch eine solche Regelung zu schaffen. Die allermeisten Politiker könnten nie in eine derartige Versuchung kommen und daher relativ objektiv entscheiden und dem Ganzen einen Riegel vorschieben. Möglicherweise sind sie befangen, weil es eine Entscheidung der Politik in eigener Sache ist. Vielleicht zögern sie, mit einer Karenzzeit eine Regelung gegen sich selbst zu erlassen. (dpa)